Make me unreal!

■ 39 Clocks - The Original Psycho Beat

MAKE ME UNREAL!

39 CLOCKS - The Original Psycho Beat

Mit sich selbst, dem Nachempfinden ihrer Vorbilder und deren Schein hat diese Musik auch den Kontext zum Thema, in der sie entstanden ist: Bundesrepublik, grauer Star. In jeder auf dem CD- Player mitgezählten Sekunde klingt es nach rebellisch-klackender Stiefelette im Hochsicherheitstrakt Deutschland, dem der letzten drei Prä-Wenden-Dekaden.

Die Kollektion ist kein Best Of- Querschnitt durch das vierbändige LP- Werk der hannoveranisch-hamburgischen Band 39 Clocks, die 1976 begann und 1987 mit 13 More Protest Songs ihr letztes Signal aussendete. Die kompaktesten und griffigsten Titel des Duos CH 39 und JG 39 fehlen, vielmehr wird der Blick auf das Abseitige im Subnarcotic- Kosmos geschärft. Extras: Das liebevoll-gestaltete Klapp-klapp- klapp-Cover und der ausufernde Exkurs in Sachen Punk von Lynden Barber aus dem Melody Maker von 1983. Dazu der Titel „Beat your Brain Out“, eine sich fast endlos wiederholende, hyper-hypnotische Schlaufe.

Soul Desert-Pop: Die Clocks verhalten sich zu Velvet Underground, dem mächtigen Geistesvater, wie Beuys zu Warhol. Das andere Bein hinkt Dylan.

Was die Clocks geradezu anachronistisch interessant macht, ist die Härte ihres Statements, ihr unabänderlich stoisches Beharren auf den Wert der Gesellschaftskritik, der noch dadurch verstärkt wird, daß der Ort, von dem aus diese Band spricht, eine Erfindung ist: Make me unreal! Die Clocks haben sich bereits in ihren Songs zu einer Institution auf- und hochgespielt. Daher auch die legendäre Lou Reed-iöse Coolness dieser Band.

Was die Clocks greifen sind keine Akkorde, sondern Mißstände. Hier wird nichts besungen, hier ist der Hörer de- und informiert, bevor der Song zuende ist. Der Protestsong in seiner effektivsten Art.

Typisch, daß man auf relative Gassenhauer wie „Whatever Happened (The Clocks Won't Talk)“ auf dieser Compilation verzichtete. Diese Zeile böte Stoff für eine philosophische Abhandlung zum Thema Zeit und deren Anteilnahme am Menschengeschehen.

Mehr nölig-angewiderte Stimmen, mehr Georgel, Klick-klock- Rhythmen aus der Frühphase des Maschinenbeats und große Rock'n'Roll-Riffs!

Carsten Klook

What's So Funny About/INDIGO