Liberaler Polizist

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Er plant eine „Flurbereinigung“ bei der Bremer Polizei, plädiert für die Entkriminalisierung von weichen Drogen und findet Spritzenautomaten für Junkies eine „Selbstverständlichkeit“. Michael Kniesel, derzeit noch Polizeipräsident von Bonn, wird am 1.Juni sein Amt als Staatsrat beim Bremer Innensenator Friedrich van Nispen antreten.

Kniesel, 1945 in Münster geboren und FDP-Parteimitglied, kommt mit viel liberalem Vorschußlorbeer vom Rhein an die Weser. In Bonn profilierte er sich mit den Ideen, die Bannmeile für den Bundestag abzuschaffen und die Drogenpolitik zu entkriminalisieren. Seine generelle Linie bei diesem Thema will er auch in Bremen weiterverfolgen: „Deeskalation bei Demos heißt nicht Schmusekurs, sondern das Vermeiden von martialischer Zurschaustellung polizeilicher Gewalt. Entkriminalisierung von Drogen heißt nicht Legalisierung, sondern die Verlagerung weg vom Strafrecht hin zum Polizeirecht.“ Zu deutsch: die Verhaftung von Junkies soll nicht mehr einen Großteil der polizeilichen Arbeit ausmachen. Eher sollen sie von bestimmten Plätzen verwiesen werden. Doch „es löst das Problem auch nicht, die Junkies einmal um die Stadt zu treiben, bis sie wieder da sind“, erkennt der zukünftige zweite Mann beim Innensenator und gelernte Jurist. „Wenn es ein gesundes Feindbild der Polizei gibt, ist es der organisierte Drogenhandel, nicht der Abhängige.“

Seinen PolizistInnen will der neue Staatsrat mehr Bürgernähe verordnen. Die Trennung in Schutz- und Kriminalpolizei müsse überdacht werden, um Doppelzuständigkeiten abzubauen. Insgesamt müsse der Polizeiapparat bei leeren Kassen effizienter gestaltet werden. Gereizt an Bremen hat ihn die neue Aufgabe, sagt er — und falls er nach der nächsten Wahl arbeitslos werden sollte, so „ist das auch kein Unglück, im Herbst '95 in den vorläufigen Ruhestand zu treten.“ bpo