SPD: Nein zur Hemelinger Marsch mit Hintertür

■ SPD stimmte Fücks-Vorlage über 505 ausgewiesene Hektar zu / Änderungen „zu gegebener Zeit“ beraten

Die SPD hat sich im Prinzip gegen die Erschließung der Hemelinger Marsch als Gewerbegebiet ausgesprochen, im entscheidenden Punkt aber ein Hintertürchen offengelassen. Das ist das Ergebnis einer Debatte um die Gewerbeflächenpolitik, die fast am Rande des Landesparteitages am Samstag in Bremerhaven geführt wurde.

Wedemeier zeigte sich nicht begeistert von dem Tagesordnungspunkt. Immerhin beginnen morgen die Verhandlungen um das strittige Gebiet Hemelinger Marsch im Wirtschaftsstrukturausschuß des Senats. Hier werden sich die Ressorts Wirtschaft (FDP) und Umwelt (Grüne) fetzen. Da ist ein eindeutiger Parteitagsbeschluß der SPD nicht gerade eine Hilfe. Tatsächlich aber lag ein Antrag des UB-Ost vor, mit dem zentralen Punkt 6: „Auf eine Inanspruchnahme weiterer Flächen insbesondere in sogenannten Außenbereich (z.B. Hemelinger Marsch) wird ... verzichtet.“

Der Antrag wurde behandelt, und die Vorsitzende des UB- Ost, Christine Wischer, begründete ihn: Der Umweltsenator habe ohne Hemelinger Marsch 505 Hektar Fläche nachgewiesen, das sei erst einmal genug. Bremen könne auch mit weiteren 50 Hektar Marsch nicht gegen die Umlandflächen konkurrieren. Folglich sei die Erschließung der Marsch unnötig. Im Antrag des Unterbezirks war die Liste der 505 Hektar aufgeführt, eine Arbeit aus dem Haus des Umweltsenators.

Detmar Leo wollte „die Debatte tiefer hängen“. Es gebe, durch frühere SPD-Landesparteitage und die Bürgerschaft, eine eindeutige Beschlußlage. „Danach ist klar, daß ein Rahmenplan vorgelegt und die Hemelinger Marsch zur Planungsreife gebracht werden muß. Der Senator für Umweltschutz hat bis heute keine Grundlagen für eine solche Bewertung vorgelegt und geht damit eindeutig hinter die Koalitionsvereinbarungen zurück.“ Daß der UB-Ost eine Liste des Umweltsenators auf einem SPD-Parteitag eingebracht hatte, nannte Leo einen Fall von „grünem Filz“. Leos Fazit: „Soviel Fläche wie möglich recyclen, aber auch gute Flächen auf den Markt bringen.“

Dann kam noch einmal Klaus Wedemeier. Es sei unmöglich, daß der Parteitag zu einem laufenden Verfahren so eindeutig Stellung beziehen wollte. „Wie könnt ihr sagen, die Hemelinger Marsch wollen wir nicht, wenn es noch gar kein Beratungsergebnis über diese Frage gibt?“ Wedemeier berichtete den Delegierten von einer gemeinsamen Vorlage der Ressorts Wirtschaft und Umweltschutz, die seit Freitag in Umlauf ist: Danach haben sich die beiden Häuser auf einen jährlichen Flächenbedarf von 50 Hektar geeinigt. Darin aufgenommen seien aber auch die Streitpunkte: Die Hemelinger Marsch, der Technologiepark Universität und das Gebiet an der Franz-Schütte-Allee.

Wedemeier hatte am Freitag abend im Landesvorstand mit 9:2 Stimmen einen Änderungsantrag zum Antrag des UB-Ost durchgesetzt, der auf dem Parteitag als Vorstandsantrag firmierte. Danach sollte der ausdrückliche Verzicht auf die Marsch (Punkt 6) ersatzlos gestrichen werden. An anderer Stelle sollte dafür stehen: „Dementsprechend soll über die Inanspruchnahme weiterer Flächen, insbesondere im sogenannten Außenbereich, gemäß der Koalitionsvereinbarung zu gegebener Zeit beraten werden.“

UB-Ostler Heinz-Gerd Hofschen sprach gegen so eine Ergänzung. Er forderte Bilanzen ein, wie sich die frühere Flächenvergabe auf Arbeitsplätze ausgewirkt habe, vorher sei er nicht bereit, über die Erschließung der Marsch zu reden. Wedemeier plane einen Kompromiß, der Jäger munter planen lasse und für Fücks die Zusage bereithalte, daß die Marsch nicht in der laufenden Legislaturperiode erschlossen werde. Die Hemelinger Delegierte Gisela Fröhlich appellierte an die Genossen: „Wenn wir heute diesen Antrag ablehen, dann ist das ein Freibrief für den Spatenstich auf jeder grünen Wiese.“

Die GenossInnen stimmten ab: Mit großer Mehrheit für den Antrag des Unterbezirkes Ost mit der Änderung des Landesvorstandes. Jetzt heißt der zentrale Punkt: „Das Gewerbeflächenprogramm ist auf der Basis der aktuell ermittelten Gewerbeflächenpotentiale von rund 505 ha im bereits bestehenden Flächennutzungsplan zu entwickeln...“ Als Bezug dient die Vorlage aus dem Haus Fücks, die mit diesem Punkt mitbeschlossen wurde. Eine trickreiche Konstruktion des UB-Antrages, die damit die Fücks-Vorlage zweimal im Antrag verankert hatten, die dann aber nur eine Streichung erfahren hat. „Ein schönes Ergebnis“, freute sich die UB-Vorsitzende Christine Wischer: „Der Parteitag hat gerade die Erschließung der Marsch abgelehnt.“ Mit einem Hintertürchen: Bei Bedarf kann die Marsch wieder in die Diskussion aufgenommen werden. Markus Daschner