Dreifach gelitten

■ Lettische NS-Opfer fordern Hilfe

Bonn (taz) – Die NS-Opfer in Lettland wollen Entschädigungszahlungen der Bundesregierung. Gregori Krupnikow, stellvertretender Präsident des „Jüdischen Kulturvereins“ in Lettland, und ein Vertreter der „Organisation der ehemaligen Ghettoinsassen“ erheben diesen Anspruch heute in einem Gespräch mit Beamten des Auswärtigen Amtes in Bonn. Viele NS-Opfer in Lettland wurden bis heute nicht entschädigt. Laut Entschädigungsgesetz zahlte die Bundesregierung nur an Staaten, zu denen diplomatische Beziehungen bestanden. Das Gesetz galt bis 1969. Sofern sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht in die Bundesrepublik ausgewandert waren, gingen die NS-Opfer aus den ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken leer aus. Sie erhielten seither allenfalls eine einmalige Zahlung von 5.000 DM. Die jüngsten unter ihnen sind heute 70 Jahre alt.

Nach Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages mit Polen will die Bundesregierung Zahlungen auch an Weißrußland und die Ukraine richten. Kriterium ist eine „aktuelle Notlage“ der Betroffenen. Die sei auch in Lettland gegeben, so die Delegation. „Die Leute mußten dreifach leiden“, sagt der Vater Krupnikows: In den Ghettos der Nazis, in den sowjetischen Lagern für vermeintliche Kollaborateure und nun durch Hunger nach Ende der UdSSR.

Entscheidungen sind heute nicht zu erwarten. Im Auswärtigen Amt betrachtet man den Termin als „Informationsgespräch auf unterer Beamtenebene“. Bernd Neubacher