Carl Gustav eingeschneit

■ Die nordischen Ski-Weltmeisterschaften begannen in Schweden wie die alpinen geendet hatten: mit Schnee, der auch vor dem Haupt des Königs nicht haltmachte

Falun (taz/dpa) – Das Wetter. Nachdem die alpinen Ski-Weltmeisterschaften im japanischen Morioka so fiaskös zu Ende gegangen waren, drohte auch den eigentlich wetterunabhängigen Welttitelkämpfen der nordischen Skisportler in Schweden ähnliche Unbill. Es schneite einfach nicht in Falun, weshalb 13 Schneekanonen seit Weihnachten mehr als 100.000 Kubikmeter künstlichen Schnee produzierten, um die beiden Schanzen und die 32 Kilometer Loipen zu präparieren. An den Gedanken, die nordischen Weltmeister erstmals auf reinem Kunstschnee zu ermitteln, gewöhnten sich die Organisatoren schnell, denn so konnten Notpläne, die Langläufe in das 1.000 Kilometer nördlich gelegene Kiruna zu verlegen, zu den Akten gelegt werden. Sven von Holst, der Organisationskomitee-Chef, fand sogar Vorteile: „Es gibt keinen gerechteren Schnee als den Kunstschnee.“ Weil die Wachs-Lotterie ausfällt.

Es wäre also alles prächtig geworden, wenn es nicht prompt am Eröffnungstag der 42. WM wie wild zu schneien begonnen hätte. Als wollte sich Frau Holle lustig machen über die menschlichen Bemühungen, der Natur ein Schnippchen zu schlagen, klotzte sie die sorgsam präparierten Anlagen mit Neuschnee zu. Aber die Ski-Hersteller dürften sich über den Schnee-Einbruch gefreut haben. Denn Schweden ist für die Firmen ein überaus interessanter Markt, weil es keine heimische Langlauf- Ski-Produktion gibt, aber Millionen von Kunden, die den skandinavischen Volkssport betreiben, versorgt sein wollen. Leider war die weiße Pracht in den letzten fünf Jahren südlich von Stockholm überaus selten gesichtet worden. „Die Kinder haben noch keinen Schnee gesehen. Damit fällt eine ganze Generation für den Langlauf aus“, trauert Josef Haider, Werbeleiter beim österreichischen Marktführer Fischer.

Falun richtet nach 1954 und 1974 bereits die dritte WM aus. Vor 20 Jahren, ein Jahr vor der WM, feierte der Plastik-Ski seine Weltpremiere bei den schwedischen Ski-Spielen. „Die neuen Ski waren vor allem bei Temperaturen um den Gefrierpunkt dem Holz- Ski deutlich überlegen“, erinnert sich Gerhard Grimmer, der damals die 50 Kilometer gewann und der einzige deutsche Langlauf-Weltmeister geblieben ist. Die DDR- Läufer waren nicht vertraglich an eine Firma gebunden und konnten so immer den schnellsten Ski wählen. Aber „rennen mußte man schon“, erinnert sich der Thüringer.

Zur abendlichen Eröffnungsfeier am Donnerstag fanden sich 30.000 Monarchisten ein, die zusehen wollten, wie König Carl Gustaf und seiner Gattin, geborene Silvia Renate Sommerlath, die Schneeflocken aufs bare Haupt fielen und Skispringer mit Leuchtraketen an den Skiern über den Bakken gingen. Die WM begann also, wie man so schön sagt, stimmungsvoll.

Bereits am selben Tag hatte das Kombinationsspringen bei nahezu irregulären Bedingungen stattgefunden. Obwohl die Spur wegen des Schneetreibens vor jedem der drei Durchgänge leergefegt werden mußte, belegten die favorisierten Japaner, die schon im Weltcup dominierten, die ersten drei Plätze nach dem Springen. Dieser erste Wettbewerb fand unter fast völligem Ausschluß der Öffentlichkeit statt, so daß der beste deutsche Kombinierer Hans-Peter Pohl schon mutmaßte, man gehöre hoffentlich nicht nur zum „Rahmenprogramm“. Am folgenden Tag konnte dann Weltcup-Spitzenreiter und Mannschafts-Olympiasieger Kenji Ogiwara den Sieg sicher nach Hause laufen. Seine Landsleute wurden allerdings noch von den Norwegern Knut Tore Apeland und Trond-Einar Elden abgefangen.

Erste Weltmeisterin wurde Jelena Välbe aus Rußland. Die 24 Jahre alte Titelverteidigerin gewann den Langlauf über 15 km im klassischen Stil. Silber und Bronze gingen nach Finnland: Marja-Liisa Kirvesniemi, die dreifache Olympiasiegerin von Sarajevo 1984, wurde Zweite vor Marjut Rolig. to