Kupfer als Alteisen beiSeite geschafft

■ Ein halbes Jahr nach der Brandnacht in Rostock muß Innenminister Lothar Kupfer endlich seinen Koffer packen

Berlin (taz) – „Der Innenminister hat hervorragende Arbeit geleistet“: Bis vor drei Tagen ließ Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Berndt Seite auf Lothar Kupfer nichts kommen. „Selbst wenn in einzelnen Phasen des Polizei-Einsatzes in Rostock Fehler gemacht worden sein sollten, halte ich die Rücktrittsforderung für unberechtigt.“ Schließlich: „Kein Asylbewerber und kein Anwohner ist in diesen Tagen brutaler Gewaltausbrüche verletzt worden.“ Gestern morgen gab Seite dennoch die Entlassung Lothar Kupfers aus dem Amt des Innenministers bekannt. Da Kupfer den ihm nahegelegten Rücktritt nicht akzeptieren wollte – er habe „klipp und klar abgelehnt –, wurde er gefeuert: wegen „übergeordneter landespolitischer Interessen“.

Ausdrücklich betonte Seite jedoch erneut, die Entlassung sei keine Entscheidung gegen die Person Kupfer, da dem Minister nicht die Schuld an den Ereignissen in Rostock zugewiesen werden könne. Es sei ihm außerdem „schwergefallen“, sich von Kupfer zu trennen. „Man legt seine Freunde nicht so einfach zur Seite“, verteidigte der Regierungschef im Fernsehen sein langes Zögern, dem Parteifreund den Stuhl vor die Kabinettstür zu stellen.

Spekulationen, die Entlassung Kupfers sei zuletzt dadurch beschleunigt worden, daß brisante Akten aus dem Innenministerium auf einer Müllhalde gefunden wurden, wiesen Seite und die CDU zurück. Schließlich waren die Akten schon vor Amtsantritt Kupfers im März vergangenen Jahres entsorgt, aber erst jetzt der Öffentlichkeit präsentiert worden.

Hauptmotiv für die Entlassung Kupfers dürften Seites Karriereinteressen sein: durch das Festhalten an seinem Innenminister geriet er selbst in den Mittelpunkt der Kritik. Der kleinere Koalitionspartner FDP hatte nach den letzten Auftritten Kupfers im Untersuchungsausschuß Seite schriftlich aufgefordert, seine Verantwortung wahrzunehmen und „Schaden vom Land abzuwenden“; aus Bonn wurde als Gerücht gestreut, mit Angela Merkel habe die CDU ja eine passable Ersatzkandidatin für Schwerin ... Als dann noch seine Umweltministerin Petra Uhlmann zur Ablösung vorgeschlagen wurde, sah Seite offenbar seine Macht dahinschwinden. Den letzten Anstoß gab eine Kabinettssitzung am Dienstag, auf der es Seite nicht gelang, den Weltjournalisten Werner Kalinka, der sich kürzlich mit einem Buch zur Rehabilitation Uwe Barschels profilierte, als neuen Regierungssprecher durchzusetzen. Mit der Entlassung Kupfers will Seite sich nach Aufassung vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Harald Ringstorff nun „bis Ende der Legislaturperiode Luft verschaffen“. Als Nachfolger Kupfers kündigte Seite statt des bisher genannten CDU-Fraktionsvorsitzenden Rehberg nun einen Mann aus dem Westen an: der frühere rheinland- pfälzische Innenminister Rudolf Geil, der in Schwerin genannt wurde, aber noch nichts wußte von seinem Glück.

Die Landtagsfraktion der CDU widmete Kupfer in ihrem Nachruf nur zwei äußerst trockene Zeilen: „Wir akzeptieren die Entscheidung des Ministerpräsidenten. Wir danken Kupfer für seine Arbeit in schwieriger Zeit.“ Seiten 3 und 10