Codierte Tonne hart umkämpft

■ Beim Technik-Test werden die Bandagen härter / Gerüchte gegen den Gutachter

Zwischen 10 und 18 Millionen Mark soll nach Schätzungen der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) die Einführung der codierten Mülltonne in der Hansestadt kosten. Klar, daß sich die BEB möglichst umfassend informieren wollen, wer das beste System anbietet. Klar, daß die derzeit acht konkurrierenden Firmen versuchen, sich den Auftrag gegenseitig abzujagen.

Klar auch, daß dabei mit harten Bandagen gespielt wird. Im Mittelpunkt der aktuellen Gerüchteküche: Der für die BEB tätige Gutachter und technische Berater Karlheinz Scheffold. Scheffold ist Professor an der Fachhochschule in Bingen. Er lehrt dort Abwasser- und Abfalltechnik. „Für uns der Experte auf dem Abfallgebiet“, sagt Richard Kluve, Bereichsleiter für Abfallwirtschaft bei den BEB. Dagegen hält sich hartnäckig das Gerücht, Scheffold habe mit einer der Firmen, die sich um den Bremer Auftrag beworben hat, in früheren Zeiten zusammengearbeitet.

Derzeit läuft ein technischer Wettbewerb bei den BEB. Alle Firmen, die Bremen ein Codiersystem anbieten wollen, müssen darin einen bestimmten Fragenkatalog beantworten, heute ist Abgabetermin. Autor der Fragen: Karlheinz Scheffold. An der Auswertung beteiligt: Karlheinz Scheffold. Im Vordergrund der BEB steht dabei „die Option, daß man mit dem angebotenen System den Müll in der Tonne später einmal wiegen kann“, erklärt Kluve. Es sei wichtig, daß der Wiegevorgang „gerichtsfest“ nachgewiesen werden kann. „Wir müssen dem Kunden beweisen können, wie oft und wieviel wir geleert haben.“

Einer der Bewerber um den Auftrag ist die Bremer Firma ibso, die u.a. mit Bremer Wirtschaftsförderung ein Lesesystem für codierte Tonnen entwickelt hat. Wiegen kann das System bislang nicht. „Ein technischer Wettbewerb ist für die Vergabe eines solchen Auftrags nicht typisch“, sagt ibso-Geschäftsführer Ernst Gleichauf.

Darin liegt ein unausgesprochener Vorwurf. Der technische Berater Scheffold habe mit seinen Fragen unliebsame Firmen im Vorfeld einer Ausschreibung aus dem Weg räumen wollen. Möglicher Nutznießer: Die Mainzer Firma Zöller. Zöller arbeitet seit 1983 an der Entwicklung und Erprobung von kombinierten Lese- und Wiegesystemen. Bei einem Modell-Versuch in den baden- württembergischen Gemeinden Esslingen, Billigheim und Bleitelsheim im Jahr 1990 wurde das Zöller-System erprobt. Wissenschaftliche Begleitforschung: Karlheinz Scheffold. Scheffold war allerdings Gutachter im Auftrag der baden-württembergischen Landesregierung. „Professor Scheffold ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, deshalb haben wir ihn damals für die Begleitforschung ausgesucht“, sagt der zuständige Abfallreferent im Umweltministerium Baden-Württembergs, Roland Böhler. Scheffold selbst war gestern nicht zu erreichen.

Bei den BEB bleibt man gegenüber den Gerüchten gelassen. „Das interessiert uns nicht. Wir haben von diesen Vorwürfen gehört“, sagt BEB-Bereichsleiter Kluve, und wiederholt: Scheffold sei als Gutachter die Nummer 1 auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft. Der technische Wettbewerb solle eine Vorauswahl auf die kommende Ausschreibung sein, die dann nach einem festgelegten Verfahren (“Verdingungsordnung für Leistungen“) ablaufe. Bei der Auswahl gehe vor allem um die Praktizierbarkeit eines Systems. „Ob der Betrieb, der ein bestimmtes System anbietet, in Bremen angesiedelt ist und für die Forschung Wirtschaftsförderung vom Senator bekommen hat, spielt für uns keine Rolle.“

Denn die Umstellung auf codierte Tonnen wird „die größte Umstellung seit Einführung der Müllabfuhr“, sagt Kluve, und da werden keine halben Sachen gemacht. „Es kann nicht angehen, daß wir jetzt ein Lesesystem ohne Wägung einführen und dann in fünf Jahren wieder vor dem Problem stehen, wie wir gerechte Müllgebühren erheben.“ Die gebe es nur, wenn jeder nach dem Müll veranschlagt wird, den er produziert. „Das festzustellen, geht nur über's Wiegen.“ Markus Daschner