In Rostock geht ein Licht auf

■ Schweriner Untersuchungsausschuß: Das Versagen der Polizei war abgesprochen

Schwerin, Berlin (taz) – Während in Berlin und anderswo die Vorbereitungen für Lichterdemonstrationen zum 60. Jahrestag der „Machtergreifung“ laufen, bringt der Schweriner Untersuchungsausschuß Licht ins Rostocker Dunkel: Ihm liegt nun der Bericht eines Einsatzleiters vor, nach dem die Polizei mit den rassistischen Randalierern eine Art Stillhalteabkommen getroffen hat.

Zugführer Skrocky, der in der Nacht zum Dienstag, dem 25.8., verzweifelt Verstärkung gegen die Steineschmeißer an der S-Bahn-Brücke anfordern wollte, hörte den Einsatzleiter Deckert sagen, es gebe ein Abkommen mit den „Störern“, nach dem sich die Polizisten nicht vor Ort sehen lassen dürften. Darüber muß auch der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lothar Kupfer, zumindest im nachhinein informiert gewesen sein – dies stritt er gestern jedoch, als er erstmals vor dem Untersuchungsausschuß aussagte, zunächst ab. Nach der Aussage des späteren Einsatzleiters Heinsen, die Absprachen seien ein „mißglückter Deeskalationsversuch“ gewesen, gab Kupfer jedoch zu, von solchen Vereinbarungen allerdings „erst sehr spät Kenntnis bekommen zu haben“. Der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuß, Rißmann, kritisierte, daß das Skrocky-Protokoll dem Ausschuß erst 24 Stunden vor der Befragung Kupfers zugestellt wurde und zunächst unvollständig gewesen sei. Aus dem Protokoll geht eindeutig hervor, daß die Inhaber und Ausübenden des Gewaltmonopols mit den „Störern“ vereinbart hatten, sich zu einem kritischen Zeitpunkt „nicht zu zeigen“.

Lothar Kupfer gab gestern vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß des Schweriner Landtages eine kabarettreife Vorstellung, deren Unterhaltungswert nur durch ständige Wiederholungen gemindert wurde. Der Ausschuß hatte zu klären, welche Rolle Kupfer als der politisch Verantwortliche spielte, und zwar sowohl im Vorfeld als auch während der Lichtenhagener Krawalle. Des Ministers Generalantwort: Mein Name ist Kupfer, ich weiß von nichts. Heute, das weiß er schon, wird er sich allerdings in eine Lichterkette gegen Ausländerhaß einreihen.

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