"Das Krankenhaus macht das Personal krank"

■ GAL und Pflegekräfte kritisieren die Arbeitsbedingungen / Gesundheitsbehörde bestätigt Nachholbedarf im Arbeitsschutz

/ Gesundheitsbehörde bestätigt Nachholbedarf im Arbeitsschutz

„Krankenhausarbeit macht krank“, behauptet der Pfleger und Personalrat Hermann Ehlers-Rieken vom Allgemeinen Krankenhaus Wandsbek. Schon die Berufskleidung sei ungesund. Das bestätigt Brigitte Gerloff, Pflegerin im Krankenhaus Barmbek: Im knappen Schwesternkittel könne sie nicht mit geradem Rücken in die Knie gehen und ruinierten sich beim Heben der Patienten den Rücken.

Es mangele besonders in den städtischen Krankenhäusern an Arbeitsschutz und Pflegehilfsmitteln, kritisiert auch der GAL-Abgeordnete Peter Zamory. Die grüne Partei präsentierte gestern auf einer Pressekonferenz die Nöte des Pflegepersonals und forderte die Krankenhäuser der Stadt auf, sich am Projekt „Gesundes Krankenhaus“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu beteiligen. „Dies wäre eine fantastische Chance, Mißstände zu beseitigen und das Pflegepersonal neu zu motivieren“, glaubt Zamory, gerade auch angesichts der „Frustration unter dem Pflegepersonal“. Der Abgeordnete kritisierte, daß der Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser, der größte Krankenhausträger Europas, kein Interesse an dem Vorhaben zeige.

Die ungünstige Dienstkleidung der Schwestern sei nur einer von vielen Faktoren, die Beschäftigte in Kliniken krank machen, sagte Ehlers-Rieken. Sie seien zudem einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt: Mit Hepatitis B „durchseucht“ seien nicht nur ÄrztInnen und PflegerInnen, sondern auch der Reinigungsdienst, für den es „so gut wie gar keinen Arbeitsschutz“ gebe.

Dazu komme der Kontakt mit allergie- oder krebserregenden Stoffen. Durch das Heben und Tragen von Patienten litten viele PflegerInnen an Rückenkrankheiten. „Die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus sind von den Belastungen und Berufserkrankungen her ähnlich wie im Hafen“, vermutet der Personalrat, „wir vermissen in den Krankenhäusern die Umsetzung von arbeitsmedizinischen Erkenntnissen.“

Nachholbedarf in punkto Arbeitsschutz räumte die Gesundheitsbehörde gestern in einer Stellungnahme ein, widersprach aber der GAL-Aussage, daß der Krankenstand des Pflegepersonals steige. Er sei im Gegenteil aufgrund von eingeleiteten Verbesserungen gesunken, im Allgemeinen Krankenhaus Altona beispielsweise von 6,6 Prozent 1991 auf 5,7 Prozent im vergangenen Jahr.

Am WHO-Projekt „Gesundes Krankenhaus“ beteiligt sich in Hamburg bisher nur das private Krankenhaus Alteneichen, weltweit nehmen aber mehrere Hundert Kliniken teil. Das Personal erarbeitet in Gruppen Verbesserungsvorschläge, die Häuser haben sich verpflichtet, diese auch praktisch umzusetzen. Vera Stadie