Rostocker Einsatzleiter: Polizeiabzug aus Fürsorge

■ Von VietnamesInnen nichts gewußt

Schwerin (AFP/taz) – Der bei den Rostocker Krawallen zuständige Einsatzleiter der Polizei, Jürgen Deckert, will von einer Gefahr für die in dem angegriffenen Asylheim wohnenden VietnamesInnen nichts gewußt haben. Ihm sei auch unbekannt gewesen, daß das Wohnheim bereits in den ersten beiden Krawallnächten Ziel der Randalierer gewesen sei, sagte Deckert gestern vor dem Untersuchungsausschuß des Schweriner Landtags. Die Angaben einer früheren Zeugin, die ihn wenige Stunden vor dem Brand auf die VietnamesInnen hingewiesen haben will, bezeichnete Deckert als Lüge. Die über 100 Menschen, die sich im August 1992 nur im letzten Moment aus dem brennenden Gebäude retten konnten, haben auch bei der Lagebesprechung der Polizei offensichtlich keine Rolle gespielt.

Das Haus der ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter war bei den ausländerfeindlichen und rechtsradikalen Übergriffen in Brand gesteckt worden. Den heftig umstrittenen Abzug zweier Polizei-Hundertschaften kurz vor dem Brandanschlag begründete Deckert mit seiner „fürsorgerischen Pflicht für die Beamten“. Er habe die Gesundheit seiner Männer, die zuvor massiv angegriffen worden seien, gegen die Sicherheit des bereits evakuierten Asylbewerberheims „abgewogen“, so der Einsatzleiter.

Die SPD-Mitglieder im Untersuchungsausschuß wollen indes Polizeiunterlagen aus dem Schweriner Innenministerium beschlagnahmen lassen. Innenminister Lothar Kupfer (CDU) habe endlich dem Ausschuß alle angeforderten Unterlagen zu übergeben. Falls die Unterlagen bis zum 20. Januar nicht vorliegen, soll eine Beschlagnahmung aller Polizeiakten beim zuständigen Gericht beantragt werden.