Nachschlag

■ Stefan Krawczyk im Flöz

Als Stefan Krawczyk vor zehn Jahren in der DDR zu singen begann, erreichte und begeisterte er mit seinen Liedern viele. Seine Texte drückten aus, was seinen Zuhörern auf der Seele brannte; sein Mut überraschte und wirkte ansteckend. Aber der Mut von gestern ist kein Garant für die Ewigkeit, und so, wie sich Krawczyk jetzt präsentiert, kann er vielleicht eine eingeschworene Fangemeinde in seine Konzerte locken, vor einem breiten Publikum aber besteht er nicht mehr.

Besonders unangenehm wirkt seine Eitelkeit. Krawczyk bringt es fertig, minutenlang zu reden, ohne wirklich etwas zu sagen. Lapidar und banal sind seine Worte, und ebenso nichtssagend sind inzwischen auch viele seiner Texte. Immer wieder ist ihm vorgeworfen worden, er kopiere Wolf Biermann, und auch wenn er sich stets vehement dagegen wehrte: Die Art zu singen, hat er vom großen Meister übernommen, dessen Tiefe und Schärfe kann er jedoch nicht annähernd erreichen.

Er singt, er liest eigene Gedichte und Prosatexte, spielt Gitarre, und wie es sich für einen Barden – seiner Meinung nach – gehört, inzwischen auch Bandonium. Über allem schwebt ein erhobener Zeigefinger, der unablässig zu drohen scheint: Hört mir aufmerksam zu, ich werde euch jetzt mal erklären, wie es im Leben zugeht. Ich stelle hier die Fragen, und wenn ihr die Antwort nicht wißt, liefere ich sie gleich mit.

Und so schlich sich im Laufe des Abends beim Publikum ein Gefühl des Verdrusses ein, und die anfangs noch wohlwollenden Beifallsbekundungen wichen einer gewissen Langeweile. Ein bunter Abend, der bis auf wenige Ausnahmen nicht in Erinnerung bleibt. Allein eine einzige Erzählung durchbrach diese Ansammlung von Banalitäten. Sie handelte von Krawczyks Vater, der viele Jahre im Uranbergbau gearbeitet hat, unheilbar an Krebs erkrankt war und seinem Leben durch einen Sprung aus dem Fenster selbst ein Ende setzte. In diesem Text klang eine Ehrlichkeit und auch eine Traurigkeit mit, die anrührte und die Selbstgefälligkeit des Mannes im schwarzen Seidenhemd für Minuten vergessen ließ. Sibylle Burkert

Stefan Krawczyk „Terrormond“: Heute abend noch einmal im Flöz, Nassauische Straße 37, 21.00 Uhr