■ Prinz Sihanouk erteilte der UNO eine Absage
: Fragwürdiger Schachzug

Prinz Norodom Sihanouk ist immer wieder für eine Überraschung gut. Seine abrupten Kurswechsel, Rücktritte und Wiederauftritte sind kaum noch zu zählen. Aus erbitterten Gegnern wurden Koalitionspartner und umgekehrt. Sehen die einen in dieser Sprunghaftigkeit das geniale Konzept eines gewieften Taktikers, so halten ihn andere nur für einen politischen Wirrkopf, der seine Konzeptionslosigkeit durch immer neue Winkelzüge mühsam zu kaschieren versucht. Auch sein jüngstes Schreiben, an den Chef der UNO-Übergangsverwaltung, den Japaner Yasushi Akashi, im dem Sihanouk jede weitere Zusammenarbeit mit der von den Vereinten Nationen eingesetzten Übergangsverwaltung in Kambodscha aufkündigt, ist solch ein Überraschungscoup, der Freunde wie Gegner – wieder einmal – verblüffen dürfte. Hatte Sihanouk sich nicht nachhaltig dafür eingesetzt, daß die UNO in Kambodscha eine Übergangsverwaltung errichtet, die die Armeen der Bürgerkriegsparteien entwaffnen und die für Mai dieses Jahres angesetzten freien Wahlen organisieren und überwachen sollte? Warum nun diese Kehrtwendung?

Offenbar ist Prinz Sihanouk früher als andere zu der Einsicht gelangt, daß die mit gigantischem Aufwand in Szene gesetzte Friedensmission der UNO in Kambodscha gescheitert ist. Der UNO-Friedensplan war von Anfang an an die Kooperationsbereitschaft der Roten Khmer geknüpft. Ihre Weigerung, die Waffen abzugeben, den UNO-Inspektoren freien Zugang zu den von ihnen kontrollierten Gebieten zu gewähren und Vorbereitungen für eine freie und faire Wahl durchführen zu lassen, bedeutet das Aus für diesen Friedensplan. Sihanouk weiß nur zu gut, daß die UNO nicht über die militärischen Mittel verfügt, um eine Streitmacht zu besiegen, an der selbst die kampferprobte vietnamesische Armee kläglich gescheitert ist. War die UNO doch nicht einmal in der Lage, wirtschaftliche Sanktionen gegenüber den Roten Khmer und den mit ihnen kollaborierenden thailändischen Händlern und Militärs durchzusetzen. Bliebe also nur noch die Möglichkeit, die Wahlen ohne Beteiligung der Roten Khmer abzuhalten. Wenig wahrscheinlich, daß dies die Roten Khmer veranlassen würde, die Waffen aus der Hand zu geben.

Soll es dennoch für Kambodscha eine politische Lösung geben, muß ein neuer Anfang gemacht oder zumindest eine neue Initiative in die Wege geleitet werden. Mit seiner Absage an die UNO hat sich Prinz Sihanouk erneut als „überparteilicher“ Vermittler angeboten. Ob die Roten Khmer darauf eingehen werden und ob dieser Schachzug erfolgreicher als die vorangegangenen sein wird, erscheint mehr als fraglich. Doch wer nichts in der Hand hat, muß pokern. Wer wüßte dies besser als Sihanouk? Gerhard Will

Mitarbeiter des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln