Kein öffentliches Interesse?

■ Der Musiker Behnam Manahedji ist von Zwangsausweisung bedroht

„An den von Ihnen bisher erbrachten musikalischen Darbietungen kann ein öffentliches Interesse nicht anerkennt werden“, schrieb Herr Spatz von der Senatsverwaltung für Inneres am 24. November an den persischen Musiker Behnam Manahedji und forderte ihn zur Ausreise auf. Auf daß die Musikszene Berlins nicht noch ein weiteres Stück Internationalität verliere, lud ihn das Haus der Kulturen der Welt zu einem Konzert ein – dem letzten, wenn es nach dem Willen des Innensenators geht.

Die Vorgeschichte: Behnam Manahedji, international ausgewiesen als einer der besten persischen Shanturspieler, kam im Februar 1990 auf Einladung des WDR in die Bundesrepublik – mit der Absicht, sich hier niederzulassen, weil im Iran – wie man sich unschwer vorstellen kann – die Nachfrage nach den vom Islam der iranischen Ayatollahs verpönten klassischen Musikern nicht sehr groß ist. Die deutsche Botschaft in Teheran erteilte ihm zwar nur ein Besuchervisum, aber bald hatte Behnam Manahedji einen Sack voll Aufträgen in der Tasche: Er spielte auf der Berliner Funkausstellung, machte beim „Festival der Saitenklänge“ im Museum für Völkerkunde mit, spielte des öfteren im Haus der Kulturen der Welt, und schließlich stellte ihn das Internationale Institut für Traditionelle Musik als freien Mitarbeiter ein, um auf einer CD die Kunst des Shanturspiels zu dokumentieren und Berliner Schülern Einführungen in persische Musik zu geben.

Was Herr Manahedji auch mit viel Erfolg tat. Das Besuchervisum wurde in eine befristete Aufenthaltsgenehmigung umgewandelt. Auch in Holland und England erwachte Interesse an Behnam Manahedjis Shanturspiel, eine europäische Exilkarriere zeichnete sich ab.

Ausgerüstet mit einem Stapel Gutachten namhafter Perönlichkeiten des deutschen Musiklebens, die ihm bestätigten, daß sein Verbleiben in Deutschland zur Dokumentation der in Persien unterbrochenen Tradition musikhistorisch dringend erwünscht sei, bat er nun beim Innensenat um die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung.

Die Antwort kam am 6. Juli: Aufforderung zur Ausreise innerhalb eines Monats, da eine Aufenthaltserlaubnis nur für Künstler vorgesehen sei, deren Darbietungen von besonderem künstlerischen Wert sei. Wohlgemerkt: Behnam Manahedji ist kein Asylbewerber, sondern wies nach, daß er als freischaffender Künstler aus eigenen Einkünften lebt, unter anderem von Privatschülern. Dies wurde ihm angekreidet: Den eingereichten Einkommensnachweisen könne man entnehmen, daß er seine Einkünfte aus (unterstrichen) „Privatunterricht und Darbietungen in den Niederlanden“ erziele, Unterschrift: Haase.

Benahdedji legte Widerspruch ein, der Ende Noveber abschlägig beschieden wurde. Diesmal wurde ihm vorgeworfen, daß er nicht „Privatunterricht gebe, sondern daß sich die Musikschule Neukölln für ihn interessierte. „Wir würden es als einen Verlust für die multi- kulturelle Szene ansehen, wenn aufgrund der ausländerpolizeilichen Vorschriften und einer damit zusammenhängenden Ausweisung, die künstlerisch-musikalische Potenz von Herrn Manahedji für Berlin verlorengehen müßte“, schrieb der Direktor an den Kultursenator. Eine Stellungnahme der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten, die die Rechtsanwältin von Behnam Manahedji anregte, wurde nicht eingeholt – die Herren Haase und Spatz aus dem Landeseinwohneramt haben entschieden, daß es für die künstlerischen Darbietungen von Behnam Manahedji kein öffentliches Interesse gibt. Ein weiterer Widerspruch gegen diesen Bescheid ist nicht möglich, nur eine – allerdings wenig aussichtsreiche – Klage vor dem Verwaltungsgericht, da in Deutschland mittlerweile öffentliches Interesse an persischer Musik anscheinend von Kulturbanausen der Senatsverwaltung für Inneres definiert werden darf.

Falls Behnam Manahedji nicht bis zum 28. Dezember sein Flugticket nach Teheran vorlegt, können Zwangsmaßnahmen zu seiner Ausweisung ergriffen werden.

Wer Behnam Manahedji noch ohne Handschellen spielen hören möchte, hat dazu heute abend um 18.30 Uhr in einem Sonderkonzert im Café Global im Haus der Kulturen der Welt Gelegenheit. Peter Pannke