Verschwörungstheorien-betr.: "Wird der Islam zum Irak von morgen", taz vom 1.12.92

Betr.: „Wird der Iran zum Irak von morgen?“, taz vom 1.12.92

[...] Der Artikel von Ivesa Lübben dokumentiert einmal mehr den Hang, die Unfähigkeit, das eigene Haus in Ordnung zu bringen, mit dem Wirken feindlicher Mächte in der Region erklären zu wollen. Pikant ist in diesem Zusammenhang die Warnung des zitierten Geheimberichts aus dem iranischen Parlament vor einem Plan der westlichen Industriestaaten zur Zerstückelung des Landes. Erinnern wir uns: Die „Satanischen Verse“ des Salman Rushdie waren für Khomeini Teil des umfassenden Planes des Westens zur Zerstörung der islamischen Republik Iran. Die taz sollte deshalb solche Projektionen, die von den iranischen Machthabern regelmäßig dann ventiliert werden, wenn wieder einmal Hinrichtungswellen politischer Gegner anstehen, nicht kolportieren, ohne sie in den entsprechenden Zusammenhang zu stellen.

Schlichtweg ärgerlich ist die Behauptung, in Südwestasien werde derzeit von außen der Aufbau einer regionalen Sicherheitsordnung unter Ausschaltung des Iran vorangetrieben, die im Widerspruch zu den dortigen Kräfteverhältnissen stehe und deshalb zwangsläufig in eine neue Aufrüstungsrunde münde. Die Isolierung des Iran durch den Westen würde den islamischen Hardlinern Auftrieb geben und den „gemäßigten“ Politikern um Rafsandschani schaden.

Angesichts der regen Besuchs- und Vertragsdiplomatie, die zum Beispiel die Bundesrepublik und Frankreich mit dem Iran pflegen, kann von einer Isolierung des Landes keine Rede sein. Der Artikel von Ivesa Lübben redet einer Außenpolitik à la Kinkel das Wort, die durch Kredite und außenpolitische Reputation der im Iran herrschenden Clique weiter über die Runden helfen will. Demgegenüber wäre es für die Stabilität der Region von entscheidendem Vorteil, wenn die Völker des Iran endlich frei über ihre Zukunft entscheiden könnten. Dies ist nicht durch Unterstützung von außen für Rafsandschani zu erreichen, sondern nur über die konsequente Isolierung der heutigen Machthaber. Claudia Roth, MdEP,

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