Proteste gegen Moschee-Zerstörung

■ Nach dem Abriß der Moschee von Ayodha durch Hindus kam es nicht nur in Indien zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems / Islamische Konferenz verurteilt Hindu-Aktion

Ayodhya/Kairo (AP/dpa/AFP) – Die Zerstörung der Babri-Moschee im nordindischen Ayodhya hat über Nacht weltweit heftige politische Reaktionen hervorgerufen. Nicht nur in Indien, sondern auch in Bangladesch, in Pakistan und am Golf reagierten Moslems und islamische Organisationen auf die gestrige Aktion indischer Hindus, die einer ihrer Anführer mit den Worten kommentierte: „Jetzt können die Moslems aus Indien verschwinden.“ Unter den 870 Millionen Menschen in Indien stellen die Hindus die Mehrheit, aber etwa jeder achte Inder ist Moslem.

Gestern abend, unmittelbar nachdem Zehntausende von Hindus mit Hammern und Spitzhacken bewaffnet die 430 Jahre alte Moschee im Bundesstaat Uttar Pradesch dem Erdboden gleichgemacht hatten, kam es bereits in vielen indischen Städten zu erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems. Schon beim Sturm auf die Moschee hatte es rund 200 Verletzte gegeben, fünf Menschen waren getötet worden. Die anschließenden Auseinandersetzungen in anderen Städten kosteten nach einer ersten Schätzung der indischen Polizei mindestens 55 Personen das Leben. Allein in Jaipur, wo Moslems und Hindus zum Teil mit Krummdolchen aufeinander losgingen, wurden 17 Personen getötet. In Bombay brach das öffentliche Leben weitgehend zusammen. Wegen der Straßenschlachten wurden Züge angehalten; die Börse wurde geschlossen. In Ayodhya waren die Sicherheitskräfte auch gestern nicht in der Lage, die Ordnung wiederherzustellen. Zehntausende von Hindus feierten dort die Zerstörung der Moschee und den Beginn der Wiedererrichtung ihres Tempels, für den bereits die Betonfundamente gegossen wurden.

Führende Oppositionspolitiker forderten im indischen Parlament von Neu-Delhi den Rücktritt von Regierungschef Narasimha Rao. Seit die Landesregierung von Uttar Pradesch am Sonntag zurückgetreten ist, steht der Bundesstaat unter direkter Aufsicht der Bundesregierung in Neu-Delhi. Die Sicherheitskräfte waren gegen das gewalttätige Vorgehen der fanatischen Hindus nicht eingeschritten, obwohl das Oberste Gericht einen Abriß der Moschee ausdrücklich untersagt hatte. In mehr als einem Dutzend indischer Städte wurden paramilitärische Einheiten eingesetzt, die in manchen Fällen das Feuer eröffneten, um den gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Hindus und Moslems ein Ende zu setzen. In über 30 Städten wurden Ausgangssperren auf unbestimmte Zeit verhängt. Der oberste Prediger der wichtigsten Moschee Indiens, Ahmed Bukhari, rief die Moslems des Landes für heute zu einer Protestaktion auf. Sie sollten streiken und als Zeichen des Protestes zum Amtssitz des indischen Regierungschefs in Neu-Delhi marschieren.

Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Moslems und Hindus gab es auch in den Nachbarstaaaten Indiens, Pakistan und Bangladesch. In Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, griffen Moslems zur Vergeltung für die Zerstörung der indischen Babri-Moschee drei Hindu-Tempel und die indische Botschaft an. Im Südosten des Landes wurden bei Übergriffen auf Hindu-Tempel über hundert Menschen verletzt.

Der Generalsekretär der Islamischen Konferenz-Organisation (OIC) hat die Zerstörung der nordindischen Moschee verurteilt. Hamed el-Gabed warf der indischen Regierung vor, sie habe nicht genug zum Schutz der Moschee unternommmen. Die Regierung müsse die Täter bestrafen und Leben und Eigentum der indischen Moslems wirksam schützen. Auch die iranische Regierung protestierte offiziell gegen die Vorfälle in Indien. Am Eingang eines Hindu-Tempels in der britischen Stadt Derby ist gestern Feuer gelegt worden. Die Polizei untersuchte, ob es einen Zusammenhang mit den Ereignissen in Ayodhya gibt.