Auch Hamburgs Ausländer in Gefahr

■ Nach Mölln: Innensenator sieht "schlimmste Befürchtungen bestätigt"

Auch Hamburgs Ausländer in Gefahr Nach Mölln:

Innensenator sieht »schlimmste Befürchtungen bestätigt«

„Der Brandanschlag in Mölln hat leider meine Befürchtungen bestätigt, daß die Brutalität und Gewalt gegenüber den ausländischen Mitbürgern zunehmen wird.“ Mit diesen Worten äußerte sich gestern Innensenator Werner Hackmann zu den feigen Morden an zwei Frauen und einem Kind. Zwar sei möglich, daß sich Rechtsextremisten an die Tat rangehängt hätten. Vieles spreche aber dafür, daß der Anschlag von Einzeltätern aus dem rechtsextremistischen Bereich begangen worden sei. Deshalb, so der Chef der Innenbehörde, sei nicht auszuschließen, daß so etwas auch in Hamburg passiert.

Dabei hat Hackmanns Verfassungsschutzbehörde (VS) die Gefahr von Rechts lange Jahre heruntergespielt. Noch 1988 plädierte der Hamburger VS-Chef Christian Lochte gegenüber der taz, man solle die Neonazis, besser gesagt: „die alten Herren von der NPD doch in Ruhe lassen“ — viel gefährlicher seien die Altkommunisten von der DKP.

Erst langsam widmet sich der VS in seinen Aktivitäten auch der rechtsradikalen Szene. Allein in diesem Jahr registrierten die Verfassungsschützer bis zum 1. November in der Bundesrepublik 1688 Gewalttaten mit „erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation“, so Hamburgs VS-Chef Ernst Uhrlau. Allein in Hamburg wurden laut Uhrlau von Neonazis 78 Brand- und Sprengstoffanschläge sowie Körperverletzungen begangen.

Von nationaler Bedeutung ist — das gesteht der VS ein — Christian Worchs und Thomas Wulffs militante „Nationale Liste“ (NL) geworden. Auch wenn die „NL“ derzeit nach VS-Berichten nur 30 Mitglieder umfasse, habe die Organisation und ihre Publikation „Index“ in der ganzen Szene große Bedeutung. Uhrlau: „Worch ist Ideengeber und ist durch seine Auftritte in den Medien Vorbild und Leitfigur für viele Neonazis.“ Die „NL“ habe in Bergedorf ihre Hochburg und verstehe es, so der VS, „Aufmerksamkeit zu erregen und sich punktuellen Zuspruch bei der betroffenen Bevölkerung“ zu sichern.

Im Großraum Hamburg hat der Geheimdienst überdies rund 300 Skinheads registriert. 100 Glatzen seien offenkundig rechtsradikal, sympathisierten mit der „NL“ oder der militanten Abspaltung „Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP), die in Hamburg eine Ortsgruppe aufgebaut habe. Viele militante Skinheads stimmen überdies mit Ideen der US-Rassistenorganisation „Ku-Klux-Klan“ (KKK) überein. Trotz des Brandanschlags von Mölln sieht der Verfassungsschutz keine besondere Brisanz in den Vorfällen. Sprecher Jürgen Ferse: „Wir sehen darin keine neue Qualität. Es war bislang reiner Zufall, daß keiner ums Leben gekommen ist.“ pemü/dpa