Hemelinger Marsch am Arsch?

■ Jäger bastelt Fakten, Fücks pocht auf Verfahrensweg

Nein, der grüne Wirtschaftsdeputierte Manfred Schramm war nicht zufrieden. Die Formulierung im wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm (WAP III) zur Umwidmung der Hemelinger Marsch in Gewerbegebiet sei eine „Vorentscheidung“, von der er nicht wisse, wie sie zu korrigieren sei. Er habe sich damals der Stimme enthalten, als die Wirtschaftsdeputation über die Vorlage entschied. „Aber weil die finanziellen Eckwerte des WAP von der grünen Fraktion getragen wurden, wollte ich nicht dagegen stimmen.“

Schramm war der einzige, der sich enthalten hatte, das WAP passierte Ende September ungehindert die Deputation. Was die Entscheidung jetzt so wichtig macht: Das gesamte WAP III ist dem Sanierungsprogramm des Senats als Anlage beigeheftet. Das heißt, das es als Vorlage beim Bundesfinanzminister zur Entschuldung Bremens allerhöchsten Stellenwert bekommt. Wörtlich heißt es da zur Marsch: „Im Rahmen möglicher Alternativen zur Abdeckung des Defizits in Höhe von 50 ha weist die Hemelinger Marsch einerseits eine vergleichsweise geringe Wertstufe im Landschaftsprogramm Bremens auf ... und ist andererseits durch günstige Erschließungsmöglichkeiten und eine vergleichsweise geringe Beeinträchtigung angrenzender Wohngebiete gekennzeichnet.“

Das WAP III war, bevor es in der Deputation entschieden wurde, Thema einer Senatsarbeitsgruppe (“Wirtschaftsstruktur-Kommission“). Diese Arbeitsgruppe, der Bürgermeister Wedemeier sowie die vier Senatoren Jäger, Beckmeyer, Kröning und Fücks angehören, hat das WAP als „Grundprogramm“ bereits abgesegnet. „Das Wirtschaftsressort arbeitet noch an einer Feinversion“, erklärte dazu Senatssprecher Klaus Sondergeld. Die Grundstruktur sei allerdings „verbindlich“. „Möglicherweise wird sich aber die Kommission oder der Gesamtsenat noch einmal mit der Feinvorlage befassen“, schätzt Sondergeld.

Die Strategie aus dem Haus des Wirtschaftssenators Claus Jäger (FDP) scheint darauf hinauszulaufen, bis zur formalen Entscheidung über die Hemelinger Marsch vollendete Fakten zu schaffen. In der Diktion des Wirtschaftssenators heißt das: „Die Eckpunkte der Gewerbeflächenentwicklung in den Teilregionen Bremens sind durch folgende Gewerbestandorte gekennzeichnet: ... Bremer Osten: Technologiepark Universität, Gewerbepark Hemelinger Marsch“ (So in einer Erklärung Jägers vom 23. September). Und Jäger hat Rückenwind von der SPD-Fraktion. „Vor dem Hintergrund meiner Erkenntnisse, und das sind Gutachten zur ökologischen Wertigkeit und ein Verkehrsgutachten, ist die Hemelinger Marsch Gewerbegebiet“, sagt der wirtschaftspolitische Sprehcer der SPD-Fraktion, Andreas Lojewski. Formal werde der in den Koaltionsvereinbarungen vorgeschlagene Weg zur Entscheidung über die Marsch eingehalten, sagt der Sozialdemokrat, „aber es wäre ein Stück aus dem Tollhaus, wenn wir es dann nicht machen würden.“

Ganz anders sieht das der Grüne Senator Ralf Fücks. Er wehrte sich gestern gegen die Unterstellung, er habe „klammheimlich der Industrialisierung der Hemelinger Marsch zugestimmt.“ Die Fronten seien vielmehr unverändert. Der Konflikt werde erst mit der Fortschreibung des Gewerbeflächenprogramms entschieden und der Verfahrensweg sei auch in der Anlage zum Sanierungsprogramm noch einmal bestätigt worden. Laut Fücks sind die Grünen zudem fest entschlossen, die Auseinandersetzung um die Hemelinger Marsch zu einem großen Streitpunkt zu machen. mad/hbk