Reden für die Taxifahrer

■ Agitprop in der Bürgerschaft — Echoeffekt mit der Parteizeitung

Wenn man überhaupt Aktivitäten der DVU in der Bürgerschaft ausmachen will, bleiben allein die berühmt-berüchtigten Auftritte bei den Plenarsitzungen. Und da kann man beileibe nicht von der DVU reden: Die braven Herren Blome und Nennstiel sind froh, wenn ihnen ganze Sätze aufgeschrieben worden sind und die Redezeit um ist. Wortführer sind in unterschiedlicher Rollenaufteilung Marion Blohm, Hans-Otto Weidenbach und bis zu seinem Tod Karl-Heinz Vorsatz.

Mit Vorsatz hat die Fraktion den Doorkeeper in die Welt der „Etablierten“ und vor allem in die Welt der Medien verloren, freilich ein Verbindungsmann wider den Willen der anderen Fraktionäre. Die Begründung des Mißtrauensvotums gegen ihn sprechen Bände. Diese Stelle wird die Fraktion nicht wieder besetzen wollen, sie wird es allerdings auch nicht können. Vorsatz galt als der Intellektuelle, der mit einem geschlossenen rechten Weltbild, im Gegensatz zu seinen FraktionskollegInnen, die kaum mehr als die Addition von Ressentiments verkörpern.

Weidenbach dagegen nimmt die Rolle des Schurken im DVU- Theater ein. Mit kühlen Provokationen gelingt es ihm immer wieder, wütende Reaktionen bei den anderen Fraktionen zu erzeugen. Vielleicht besser, als wenn der Mann sich einen Schäferhund kauft.

Wer sich in komprimierter Form über die Themen informieren will, die die DVU in der Bürgerschaft anspricht, sollte in ein, zwei Reden von Marion Blohm hineinsehen. Wozu Vorsatz einen Ausflug zu Konrad Lorenz machen mußte und Weidenbach längere Ausführungen braucht, das bringt die Fraktionsvorsitzende im Stakkato weniger Sätze heraus, in dankenswerter Offenheit, insbesondere wenn sie kein Münchner Manuskript hat, an dem sie sich festhalten kann. Zum Beispiel beim beliebten Thema „Ausländerterror“ im Februar: „In welchen Händen ist denn die Bandenkriminalität? Nicht in deutschen Händen!“, um dann in ganzen vier Sätzen polnische Autoschieber, rumänische Zigeuner als Taschendiebe, kurdische Rauschgiftdealer und jugoslawische Schutzgelderpresser sprachlich zu exekutieren. Mit proletarischem Gestus verkörpert sie wie niemand anders in der DVU-Fraktion den vielbeschworenen „kleinen Mann“. Sie ist die Hausfrau mit dem gesunden Menschenverstand die sagt, wie‘s ist.

Nach den Debatten werden die Propagandareden in der Nationalzeitung oder der Deutschen Wochenzeitung aufbereitet: „DVU entlarvt Bremer Altparteien - Hitzige Debatten im Bremer Landtag“ stand in der DWZ vom 28.Februar, direkt neben der dreispaltigen Anzeige der Fraktion, die so viel Wirbel ausgelöst hat. „Entlarven der etablierten Polit-Bonzen“, „Mit der wahren Stimme des Volkes“ reden, in dieser Berichterstattung kann man den Gestus ablesen, mit dem die DVU-Abgeordneten auftreten.

Dabei ist die Berichterstattung nicht die einzige Funktion der Frey-Zeitungen. Sie sind wichtige Clearingstellen und ihre Themen sind die Themen, die die DVU- Fraktion aufgreifen wird.

Dabei geht die DVU in der Regel eher nicht so weit wie im Fall Blome: Klaus Blome hat in der 7. Sitzung zum DVU-Entschließungsantrag „Verrat an der D-Mark“ geredet. Eine flüssig vorgetragene Rede, mit ungewöhnlichen Zitaten durchsetzt. „es äußerte sich jetzt Roland Lochelle, Direktor der Bank Lambert in Brüssel...“

Das macht mißtrauisch. Und siehe da: Der erste Teil der Rede vom 26.Februar steht Wort für Wort als Leitartikel in der Deutschen Wochenzeitung vom 24.Januar. Nur der Schluß der Rede steht nicht dort, aber dafür in der Spalte „Unsere Meinung“ auf der zweiten Seite der DWZ vom 7.Februar. Doch damit nicht genug. In ihrer Ausgabe vom 20.März „dukumentiert“ dieselbe DWZ unter dem Konterfei von Klaus Blome Auszüge aus der Rede und daneben ist eine der großformatigen Anzeigen platziert: „Protest gegen Polit-Versager.“ Perfektes Recycling.