„Der Ausdruck angestauten Unmuts“

■ Finanzsenator Volker Kröning über die Vorwürfe Claus Grobeckers

In einem Brief an Bürgermei- ster Klaus Wedemeier wirft der ehemalige Finanzsenator Claus Grobecker dem jetzigen Finanzsenator Volker Kröning vor, eine sichere Zweidrittelmehrheit für eine eigenständige Landeszentralbank in Bremen verspielt zu haben, und zwar durch die ablehnende Haltung der Bremer im Bundesrat zum Mehrwertsteuergesetz.

taz: Haben Sie mit Claus Grobecker über die Mehrheitsverluste zu Ungunsten der Bremer Landeszentralbank gesprochen?

Volker Kröning: Ich habe nicht nur einmal. sondern mehrere Male mit dem Kollegen Grobecker über die Entwicklung geredet. Er ist voll im Bilde gewesen. Deshalb wundert mich die Interpretation etwas.

Haben Sie die Zweidrittelmehrheit zugunsten einer Bremer Landeszentralbank verspielt?

Das ist völlig abwegig. Grobecker weiß, daß sich Bremen bemüht hat, auch nach Verlust der Zweidrittelmehrheit die Änderung des Bundesbank-Gesetzes abzuwehren. Und zwar mit Rheinland-Pfalz. Wir haben seitens der meisten Länder und leider Gottes auch des Bundestages eine Ablehnung erfahren.

Warum ist denn die Zweidrittelmehrheit verloren gegangen?

Es gab eine Zweidrittelmehrheit im ersten Durchgang des Gesetzes, gleichzeitig mit der Aufnahme des Vermittlungsverfahrens zum Steueränderungsgesetz '92 noch vor Weihnachten. Die Weihnachtspause ist dann von beiden politischen Lagern nicht zu einer Verständigung über das Steueränderungs-Gesetzes benutzt worden. Die Konfrontation hatte sich verschärft. Der Bund hat dann, um sich durchzusetzen, voll auf die Karte der östlichen Länder gesetzt. Im Kontext dieser Auseinandersetzung ist es dem Bund gelungen, auch die östlichen Länder aus der Ablehnungsfront gegen die Novellierung des Bundesbank- Gesetzes herauszubrechen. Wir haben dann zur Anrufung des Vermittlungs-Ausschusses gegen die Änderung gerade mal noch eine einfache Mehrheit gehabt. Und im Vermittlungs-Ausschuß haben die Länder bekanntlich keine Mehrheit mehr. Dort war die Koalitionsmehrheit im Bundestag die gesamte B-LänderMehrheit einer Meinung und wir in der Minderheit.

Herr Grobecker bringt in seinem Brief eine veränderte Haltung Bremens zum Mehrwertsteuergesetz zur Sprache, die mit dem Führungswechsel im Finanzressort eingesetzt habe.

Nein, das stimmt überhaupt nicht. Sie kennen die Haltung meiner Partei zu dieser Frage und die stand zugegebenermaßen in einem Spannungsverhältnis zur haushaltspolitischen Interessenlage Bremens. Die Haltung von Grobecker habe ich gekannt, als wir noch in anderer Zusammensetzung zusammen waren. Die Haltung habe ich auch danach vertreten. Aber der Kompromiß zum Steueränderungsgesetz war für den Bund mit der Mehrheit der östlichen Länder einschließlich Berlins und Brandenburgs kostengünstiger als der mit westlichen Ländern. Das wäre mit Bremen alleine gar nicht gegangen, weil sonst die föderale Gleichbehandlung verletzt worden wäre, also zwischen mehreren schwachen Ländern oder dem Saarland. Aber auch mit anderen Länder, wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Rheinland- Pfalz. Diese Länder sind ja die Haushalts-Notlagen-und die finanzschwachen Länder auf der westlichen Seite. Hätte der Bund diesen Weg der Durchsetzung des Steueränderungs-Gesetzes gewählt, wäre das wesentlich teurer geworden.

Wie kommt es zur Darstellung in dem Brief?

Ich halte den Brief für den Ausdruck angestauten Unmuts und kann ihn als spontanen Ausbruch verstehen, er stimmt überhaupt nicht mit der chronologischen oder politischen Entwicklung der letzten neun Monate überein.

Fragen: Markus Daschner