Drogenstrich: „Es braucht neue Beschlüsse“

■ Der SPD-Unterbezirk Ost rüffelt die Senatorinnen / Auch Sozialsenatorin Gaertner will neue Entscheidung

In der Bremer SPD formiert sich der Widerstand gegen den Senatsbeschluß, den Drogenstrich in der Friesenstraße ersatzlos zu zerschlagen. Am Mittwoch abend stellte sich der SPD- Unterbezirk Bremen-Ost auf seinem Parteitag mit überwältigender Mehrheit gegen die von der Mehrheit der SPD-Senatoren und der SPD-Fraktion favorisierte Repressionslinie. „Wir fordern den Senat auf, seinen Beschluß, mit dem die Standortsuche aufgegeben wird, zurückzunehmen und die Suche nach einem Standort, an den bestehende Hilfsangebote für abhängige Prostituierte verlagert werden können, fortzusetzen. Eine repressive Zerschlagung des Drogenstrichs lehnen wir ab, weil sie das Problem nicht löst, sondern nur noch weiter auf Wohngebiete verteilt“, heißt es in dem Antrag.

Auch Sozial- und Gesundheitssenatorin Irmgard Gaertner kritisierte den Beschluß des Senats. Gaertner hatte am Dienstag nicht an der Senatssitzung teilnehmen können, weil sie sich auf einer nicht aufschiebbaren Dienstreise nach Danzig befunden hatte. „Eine Entscheidung dieser Tragweite hätte ohne weiteres verschoben werden können“, kritisierte Gaertner. Sie hält die Diskussion nach der Senatsentscheidung für noch lange nicht beendet: „Dieser Beschluß führt dazu, daß neue Beschlüsse gefaßt werden müssen.“

In der Parteitagsdebatte über den Drogenantrag war die Senatsentscheidung als „fachpolitisch barer Unsinn“, bezeichnet worden, mit dem eine zusätzliche Durchseuchung mit Aids in Kauf genommen werde. Weder Bürgermeister Klaus Wedemeier noch andere SPD-SenatorInnen nahmen an dem Parteitag teil.

Auch die Grüne Bürgerschaftsfraktion fordert in einem gestern formulierten Beschluß, daß der Senat in 14 Tagen erneut über die Vorlage des Innenressorts zum Drogenstrich beraten solle. Eventuell geplante Polizeimaßnahmen sollen bis dahin ausgesetzt werden.

Trotz Bedenken wollen die Grünen den vom Innenressort vorgeschlagenen Alternativstandort Am Holzhafen mittragen. Mit diesem Entschluß wollen sie am Sonntag in den Koalitionsausschuß gehen, der nach einem Ausweg aus der verfahrenen Situation suchen soll.

Theoretisch ist eine erneute Abstimmung im Senat jederzeit möglich. Die Geschäftsordnung schreibt nach Auskunft des Rathauses lediglich vor, daß dafür das fachlich zuständige Ressort eine Senatsvorlage einbringen müsse. Dazu besteht im Hause des Innensenators derzeit aber noch keine Neigung. Nachdem die vorbereitenden Gespräche mit der Polizei stattgefunden haben, könnte die Einsätze jetzt jederzeit beginnen. In einem halben Jahr will van Nispen dann dem Senat über Erfolg oder Mißerfolg dieser Strategie berichten.

Den zweiten Teil des Senatsbeschlusses, die Auflösung der sozialen Hilfen, muß Sozialsenatorin Gaertner umsetzen. Dabei steckt sie in einer Zwickmühle. Zwar sollen der Bus und das Nachtangebot in der Schmidtstraße sofort eingestellt werden, die Verträge mit den Trägern der Maßnahme aber laufen noch bis Ende des Jahres. hbk