Der Fall Stolpe spaltet die Brandenburger CDU

■ Parteichef Fink fordert Rücktritt/ CDU-Mitglied im Ausschuß will abwarten/ SPD stützt Stolpe immer noch

Berlin (dpa/taz) — Innerhalb der Brandenburger CDU ist es zu heftigen Auseinandersetzungen über die Bewertung der neuerlichen Vorwürfe gegen den brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) gekommen. CDU-Landeschef Ulf Fink forderte gestern Stolpe auf, sein Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen. Die „Angelegenheiten des Landes und der Menschen“ würden Schaden nehmen, weil sich die Regierung stets aufs neue mit Stasi-Enthüllungen befassen müsse: „Die ganze Wahrheit muß auf den Tisch.“ Am Vortag hatte sich dagegen der CDU- Vertreter im Stolpe-Ausschuß, Markus Vette, gegen ein härteres Vorgehen ausgesprochen. Noch sei nicht bewiesen, daß Stolpe „wissentlich und aktiv“ für die Stasi gearbeitet habe. Die stellvertretende CDU- Vorsitzende Angela Merkel forderte den Ausschuß auf, Stolpe nur noch unter Eid aussagen zu lassen. „Vielleicht hilft das, seine Gedächtnislücken zu schließen“, schreibt sie heute in der Bild-Zeitung.

Weiteren Klärungsbedarf im Zusammenhang mit den jüngsten Vorwürfen sieht auch der SPD-Landesvorsitzende in Brandenburg, Steffen Reiche. Das am Dienstag in der Fraktion begonnene Gespräch mit Stolpe werde fortgesetzt, erklärte Reiche gestern. Es gehe darum, Stolpes Rolle in mehr als 30 Jahren DDR- Geschichte aufzuhellen.

Ungeachtet der Debatte um die Stasi-Kontakte wird Stolpe nach Überzeugung des SPD-Bundesgeschäftsführers Blessing nicht nur der Regierungschef Brandenburgs bleiben. Bei den nächsten Landtagswahlen werde er sogar „für die SPD die absolute Mehrheit erringen“.

Stolpe hatte nach Angaben des Thüringer Alt-Bischofs und früheren Vorsitzenden des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR, Werner Leich, zu DDR-Zeiten einen klaren Auftrag zur Vertretung humanitärer Anliegen gegenüber dem SED- Staat und auch gegenüber der Staatssicherheit. Unter den Bedingungen einer Diktatur habe Stolpe seinen Auftrag „nur in der Weise des Kundschafters und Grenzgängers“ wahrnehmen können, sagte er. Werner Leich war bei der Stasi selbst als „IMV Meister“ registriert. wg