Ärztelobby im Boot der Pharmakonzerne

■ Hartmannbund bekommt 300.000 Pharma-Mark für seine Kampagne gegen die Gesundheitsreform

Berlin (taz) — Die Ärztelobbyisten vom Hartmannbund lassen sich ihren Protest gegen die geplante Gesundheitsreform von der Pharmaindustrie bezahlen. Nach einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten hat das Monheimer Pharmaunternehmen Schwarz den Vertretern von 60.000 meist niedergelassenen Ärzten 300.000 Mark für Plakate und Handzettel gegen die Seehoferschen Pläne zur Verfügung gestellt. Der Vorsitzende des Ärzteverbandes, Hans-Jürgen Thomas, konnte in dieser Art von Lobbyarbeit am Wochenende nichts Anrüchiges erkennen. Die Interessen von Ärzten und Pharmakonzernen seien hier deckungsgleich. Er nannte es „ganz normales Sponsoring“. Auch die Stuttgarter Landesgeschäftsführerin des Verbandes, Gisela Lasartzky, freute sich über das Geld, „da wir mit der Pharmaindustrie in einem Boot sitzen“.

Standeskollegen waren da offensichtlich anderer Ansicht. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden, Peter Schwoerer, jedenfalls kündigte an, aus dem Hartmannbund auszutreten. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und der SPD-Vorsitzende Björn Engholm forderten unisono, der Hartmannbund solle dem Pharmaunternehmen das Geld zurückgeben. Sonst könne der Verband als Gesprächspartner nicht mehr ernstgenommen werden, so Blüm. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) will sich nach Angaben seiner Sprecherin möglicherweise persönlich an das Pharmaunternehmen wenden, um ihm ins Gewissen zu reden.

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Ulrich Oesingmann, kritisierte am Wochende unverdrossen die geplante Gesundheitsreform. Oesingmann meinte, es müsse noch einmal darüber geredet werden, inwieweit die Ärzte die Last bei der Begrenzung der Arzneimittelkosten tragen könnten. ten