15.000 Menschen erkrankt

■ Verunreinigtes Wasser in Sarajevo führt zu Darminfektion

Budapest (taz) — Seit vier Tagen ist der Flughafen von Sarajevo gesperrt. Die UNO will ihn erst wieder öffnen lassen, wenn weitere Details über den Absturz des italienischen Hilfsflugzeuges bekannt geworden sind, das am Donnerstag in den Bergen vor Sarajevo abgeschossen wurde. Während die Bevölkerung in Sarajevo so erneut von der überlebenswichtigen Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten abgeschnitten ist, werden zugleich lange gehegte Befürchtungen wahr. Die Verunreinigung des Trinkwassers hat zum Ausbruch einer Darminfektion geführt, am Freitag sollen 3.000, am Samstag 5.000 am Sonntag nun aber bereits 15.000 Menschen erkrankt sein. Nach Angaben von Ärzten der bosnischen Hauptstadt seien selbst Todesfälle nicht auszuschließen, da viele der Kranken aufgrund einseitiger Ernährung bereits geschwächt sind. Die UNO- Einheiten teilten mit, daß sofort 30.000 Liter Chlor benötigt werden, um das verschmutze Wasser zu reinigen. Ansonsten würden sich in den nächsten Tagen Gelbsucht und Ruhr ausbreiten.

Neben dem Wasserproblem macht den Menschen der plötzliche Kälteeinbruch zu schaffen. Heftige Winde lassen notdürftig zusammengeklebte Fensterscheiben zerbersten, Plastikfolien halten die Kälte nicht mehr ab.

Serbischer Machtkampf verschoben

In Belgrad endete der Machtkampf zwischen dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic und Premier Milan Panic mit einem vorläufigen Patt. Nach einer ganztägigen Debatte zogen am späten Freitag abend die alleinregierenden Sozialisten ihren Mißtrauensantrag gegen den Regierungschef zurück. Die kleine oppositionelle Partei des Cetnik-Führers Vojislav Seselj ließ dennoch abstimmen — und erlitt Schiffbruch. Weniger als 30 Prozent der Abgeordneten waren für eine sofortige Abwahl des amerikanischen Pharmakonzernchefs. Die Mehrheit der Abgeordneten war zu dem Schluß gekommen, daß Panic auf der Londoner Friedenskonferenz die „Interessen Serbiens nicht verraten habe“. Zwar habe er sich bei der Zusage, Serbien werde die bestehenden Grenzen der anderen Republiken Ex- Jugoslawiens anerkennen, ungeschickt ausgedrückt. Anders habe sich der Premier jedoch kaum verhalten können, um „nicht eine noch weitere weltweite Isolierung Serbiens heraufzubeschören“. Panic selbst verteidigte sich mit dem Argument, daß militärische Schritte der Nato gegen Serbien heute nicht mehr auszuschließen wären, wenn er in London anders gehandelt hätte. Bezeichnenderweise kritisierte er seinen politischen Widersacher Milosevic mit keinem Wort, griff persönlich nur Seselj an und vermied es geflissentlich, als Pazifist aufzutreten, den Abzug serbischer Verbände aus Bosnien zu fordern und eine Mitschuld seines Landes im bosnischen Krieg einzugestehen.

Die Reaktion blieb nicht aus: Das außerparlamentarische Oppositionsbündnis „Depos“, das am Freitag vor dem Parlament für Panic demonstrieren ließ, forderte von Panic am Samstag eine Erklärung, ob er sich nun auf die Seite der Pazifisten und der Kriegsgegner stellen oder mit den Sozialisten weiterhin als Regierungschef eines undemokratisch gewählten Parlaments gemeinsame Sache betreiben wolle. Roland Hofwiler