Die Entfesselung des Kiki Kirjakow

Karlsruher SC—Werder Bremen 5:2/ Ein 22jähriger aus Moskau schubste Werder Bremen in die Kreisklasse  ■ Aus Karlsruhe Peter Putzing

Fußballfest in Karlsruhe. Mit 5:2 besiegte der KSC den Europapokalsieger aus Bremen. Und das, obgleich die Werderaner nach einer Viertelstunde schon mit 2:0 führten. „Wir haben Weltklasse begonnen und Kreisklasse aufgehört“, analysierte Bremens Trainer Rehhagel.

Die Bremer starteten furios. Immer wieder waren es präzise Pässe von Andreas Herzog, die tief ins Herz der konfusen KSC-Abwehr trafen und für heillose Verwirrung sorgten. Herzog bereitete die Treffer durch Wynton Rufer und Uwe Harttgen vor. Ein Debakel für den KSC schien sich anzubahnen. Dann verpaßte „Kiwi“ Rufer nochmals freistehend. „Das war der Knackpunkt zum Negativen für mein Team“, glaubt Rehhagel.

KSC-Coach Winni Schäfer reagierte und brachte nach 20 Minuten für den enttäuschenden Libero Bogdan seinen Joker Rainer Krieg ins Spiel. Das Ende der Karriere des 35jährigen Abwehrchefs Bogdan wurde eingeläutet. Nachdem Torhüter Oliver Reck einen Schuß von Schütterle durch die Finger gleiten ließ und den Ball gerade noch zu fassen bekam, bevor er über die Linie rutschte, drehte der KSC gehörig auf. „Der Schiri brachte Hektik ins Spiel, und die Karlsruher wurden wach und gingen auf die Knochen“, ließ Votava seiner Enttäuschung freien Lauf. Votava hatte allen Grund, enttäuscht und verbittert zu sein, denn der Routionier erwischte im Wildpark einen rabenschwarzen Tag. Sein Gegenspieler Sergej Kirjakow erzielte drei Treffer. Der rotblonde GUS-Stürmer zeigte der Bremer Abwehr nur die Hacken. Die Ein-Mann-Show des Neueinkaufs von Dynamo Moskau begann.

Innerhalb von zwei Minuten (38./40.) glichen die Badener die Bremer Führung aus. Kirjakow ließ Votava und Bratseth aussteigen und erzielte mit einem Flachschuß aus 16 Metern den Anschlußtreffer. Kurz darauf konnte der Norweger Bratseth den 22jährigen KSC-Millionenmann Kirjakow nur durch ein Foul im Strafraum stoppen — Elfmeter. Der Ausgleich durch Ex-Bayern- Spieler Manfred Bender.

Jetzt brachen bei den Hansestädtern alle Dämme — die Abwehr glich einem Torso. Als dann kurz nach Seitenwechsel Rufer, Bode und Herzog drei dicke Chancen vergaben, trumpfte der KSC mit einer unglaublichen Moral auf, entschied das spannende und abwechslungsreiche Spiel für sich. Vor allem der überragende Kirjakow spielte wie entfesselt.

Nach 53 Minuten schnappte sich Krieg einen Querschläger der Bremer Hintermannschaft und erzielte das 3:2. „Kiki“ Kirjakow versetzte mit seinen zwei Treffern zum 5:2 Endstand den SV Werder den endgültigen K.o. Fußball verrückt im Badischen. Innerhalb von einer halben Stunde markierten die Karlsruher fünf Tore. Kirjakow wurde zum enthusiastisch gefeierten Publikumsliebling. „Ich war überall der Liebling der Fans.“ Der Stürmerstar ist trotz seiner drei Tore sicher, daß „ich noch besser sein kann, die Abstimmung fehlt noch!“

Ein kurioses Fußballspiel, denn Werder spielte eine Stunde lang exzellenten Fußball. „Das ist unser Manko, wir spielen super und verlieren“, erläuterte der eingewechselte Franz Neubarth. Otto Rehhagel blickte nach vorne, auf das Spiel gegen den VfL Bochum: „Wir müssen mit einer außergewöhnlichen Leistung gegen Bochum dieses Spiel hier vergessen machen“, hofft der Coach der noch sieglosen Bremer.

Werder Bremen: Reck - Bratseth - Votava, Borowka (70. Neubarth) - Wolter, Eilts, Harttgen, Herzog, Legat (56. Allofs) - Rufer, Bode

Schiedsrichter: Aust (Köln)

Zuschauer: 18.000

Tore: 0:1 Rufer (6.), 0:2 Harttgen (15.), 1:2 Kirjakow (38.), 2:2 Bender (Foulelfmeter/39.), 3:2 Krieg (53.), 4:2 Kirjakow (63.), 5:2 Kirjakow (67.)

Karlsruher SC: Kahn - Bogdan (20. Krieg) - Metz, Reich - Klinge (52. Carl), Neustädter, Rolff, Schmarow, Bender - Schütterle, Kirjakow