Verfassungsschutz gegen Gerechtigkeit

Das Bundesamt hat die „Komitees für Gerechtigkeit“ im Visier, weil sie von der PDS unterwandert sein sollen/ SPD-Abgeordnete kritisieren die Bespitzelung/ Bischof Forck: Nur keine Bange  ■ Aus Berlin Bettina Markmeyer

Der Verfassungsschutz hält die Komitees für Gerechtigkeit für eine Tarnorganisation von PDS und DKP. Die Frankfurter Rundschau zitiert in ihrer gestrigen Ausgabe einen Bericht aus dem Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), nach dem die Komitee-Bewegung „in das Raster kommunistischer Bündnispolitik paßt“. Die Komitees sollten „vorhandene Unzufriedenheit schüren, bündeln, organisieren und auf ein politisches Ziel hinlenken“. Die Verfassungsschützer meinen auch, bekannte „Mittel und Methoden“ wiederzuerkennen. Dazu rechnen sie „die offene Komitee-Form, die es ermöglicht, das Bündnis verdeckt zu steuern“, und die Unterstützung durch Prominente, „die zumeist nicht eindeutig der PDS zugeordnet werden können“.

Ein Sprecher des Kölner Bundesamtes, Bernhard Kayser, bestätigte der taz gestern die Existenz eines entsprechenden internen Berichts. Er sei auf der Grundlage „offen zugänglichen Materials“ gefertigt worden. Die PDS, die nicht als „verfassungsfeindlich“ eingestuft ist, wird vom Verfassungsschutz nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet, die DKP hingegen wohl. Der BfV-Bericht bezieht sich im wesentlichen auf ein Treffen von PDS- und DKP-Vorstandsmitgliedern Anfang Juli im Berliner Karl-Liebknecht- Haus, über das die DKP-Zeitung Unsere Zeit (UZ) am 17. Juli berichtete, also eine Woche nach dem Komitee- Gründungsaufruf in Berlin.

Nach dem UZ-Bericht sprachen die Vorständler ausführlich über „die Bildung von überparteilichen Komitees für Gerechtigkeit“ und das „Projekt Ostpartei“, woraus der Verfassungsschutz die bedeutsame Rolle besonders der PDS bei der Gründung der Komitees ableitet. Der PDS sei es nicht gelungen, sagte Gregor Gysi laut UZ auf dem Vorstände-Treffen, eine „gesamtdeutsche Sammlungsbewegung linker Kräfte“ zu werden. Seine Partei unterstütze die Komitees deshalb auch „zur Überwindung eigener Isolierung und Ausgrenzung“ als eine „andere Struktur ostdeutscher Interessenvertretung“, die „historisch begrenzt“ sei und die Identität der PDS nicht tangiere.

Offensichtlich sind auch die Kölner Verfassungsschützer von einer unbegrenzten Existenz der PDS überzeugt, denn sie führen diese Gysi-Äußerungen aus der UZ als Beleg für die Maulwurftätigkeit der PDS in den Komitees an. Tatsächlich sind bisher bei allen Komitee-Gründungen PDS-Mitglieder offen auch als solche aufgetreten. Und auf den Versammlungen in Dresden, Berlin- Marzahn und anderswo erklärte die große Mehrheit der Anwesenden, sie würden die Komitees sofort wieder verlassen, wenn die PDS-Funktionäre versuchten, die Arbeit zu beeinflussen. „Selbst wenn sie es nicht wollte“, meinen demgegenüber die Verfassungsschützer, würde der PDS „als einziger unterstützender Organisation“ wegen ihres „relativ guten“ Parteiapparats in den Komitees die führende Rolle zufallen. Sie verfüge über hauptamtliche Funktionäre und fleißige Ehrenamtliche sowie 9.000 Kommunalparlamentarier in fast allen Städten Ostdeutschlands.

Der Leiter der Berliner Komitee- Koordinierungsstelle, Erwin Hasselberg, bezeichnete den Verfassungsschutzbericht als „einen der üblichen Versuche, die außerparlamentarische Opposition zu kriminalisieren und die Bürger von der Mitarbeit in den Komitees abzuhalten“. Die ersten Komiteegründungen hätten ein breites politisches Spektrum gezeigt. Gottfried Forck, einer der Erstunterzeichner des Komitee-Aufrufs, beurteilte den BfV-Bericht als eine der „gewohnten Unterstellungen“. Der Altbischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg sagte der taz, es komme darauf an, „wieweit andere sich dem Einfluß von PDS-Mitgliedern in den Komitees beugen“. Der PDS-Einfluß sei nicht erwiesen. Wenn es der Partei aber gelänge, Inhalte — „beispielsweise ein schöngefärbtes Bild der Vergangenheit“ — zu bestimmen, werde auch er seine Unterstützung einstellen. Forck empfahl, „sich nicht bange machen zu lassen und unbegründet aus der Sache zurückzuziehen“.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thierse erklärte, eine Observation der Komitees verstärke nur die „Stimmung der Unzufriedenheit“ im Osten und sei außerdem „überflüssig“. Man müsse sich mit den Komitees politisch auseinandersetzen. Sein Fraktionskollege Hans Büchler hatte den Verfassungsschutzbericht zuvor als „kapitale Dummheit“ bezeichnet, von der Gysi am Ende nur profitieren könne.