Rekruten an der Adria

■ Auch Wehrpflichtige müssen am umstrittenen Einsatz der „Bayern“ vor Ex-Jugoslawien teilnehmen

Bonn (taz) — Auch Wehrpflichtige sind mit von der Partie, beim hochumstrittenen Embargo-Überwachungseinsatz des Zerstörers „Bayern“. Jeder der 96, meint die SPD, sollte das Recht haben, das in der Adria kreuzende Schiff zu verlassen. Doch wer meint, die Bundesregierung könnte sich diesem praktischen Vorschlag anschließen, der irrt. Wenn um Prinzipien und Grundsätze gekämpft wird, dann auch mit aller Konsequenz. Bundesverteidigungsminister Volker Rühe lehnte einen Austausch rundweg ab. Und auch Wolfgang Schäuble, Fraktionsvorsitzender von CDU/CSU fand in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, daß es richtig sei, Wehrpflichtige am Einsatz zu beteiligen. Schließlich sei die Bundeswehr „eine Armee“, eine Teilung in Wehrpflichtige und Berufssoldaten nicht zulässig. Nach dieser Klarstellung führte Schäuble, wie dieser Tage üblich, das Grundgesetz an — und verwies auf das Recht der Kriegsdienstverweigerung, das auch eingezogenen Soldaten zustünde.

Statt pragmatischer Verständigung auf einen konkreten Schritt bot die Fahrt der Bayern vielmehr neuen Stoff für eine alte Grundsatzdiskussion. Vielleicht Abschaffung der Wehrpflicht und doch lieber eine Berufsarmee? Fraktionsübergreifend nutzen Anhänger dieser Idee die Gunst der Stunde. Wolfgang von Geldern (CDU) meinte im Express, das würde die Einsatzmöglichkeiten außerhalb des Nato-Gebiets erweitern. Benno Zierer (CSU) vertraute demselben Blatt die Erkenntnis an, daß die großen Gefahren aus dem Osten vorbei seien. Deutschland brauche eine Armee von 250.000 Zeitsoldaten. „Kleine, mobile Einheiten“, die gut ausgebildet und ausgerüstet seien, wünscht sich Jürgen Koppelin (FDP), um künftig die Aufgaben im Rahmen der UNO zu erfüllen. Auch Horst Niggemeier (SPD) neigt zur Berufsarmee, denn eine Freiwilligen-Armee könne leichter außerhalb des Nato-Gebiets eingesetzt werden.

Den aktuell Betroffenen auf der „Bayern“ scheint das so oder so egal zu sein. „Die drei Wochen“, brummte einer von ihnen ins Fernsehmikrophon, „die bringen mich jetzt auch nicht mehr um.“ tb