Kasernierte Polizei — „ein alter Zopf“
■ In Hessen sollen Polizisten auf Kriminalitätsschwerpunkte verteilt werden/ Kasernen nur noch als billiges Wohnangebot
Wiesbaden (taz) — „Die Kasernierung von Bereitschaftspolizisten ist ein alter Zopf, der abgeschnitten gehört.“ Der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion der hessischen SPD, Matthias Kurth, stellte gestern im Rahmen einer Pressekonferenz ein umfassendes Reformkonzept für die Polizei des Landes vor. Danach soll noch in dieser Legislaturperiode die bislang kasernierte Bereitschaftspolizei über längere Zeiträume hinweg an den Kriminalitätsschwerpunkten in Südhessen zum Einsatz kommen.
Nach Auffassung von Kurth könne die Bereitschaftspolizei ihre Aufgaben bei landesweiten oder länderübergreifenden Einsätzen bei Sicherheitsaufgaben auch dann erfüllen, wenn das Personal der Bereitschaftspolizei weitgehend dezentralisiert und den einzelnen Polizeipräsidien zugeordnet werde. Von der Neuregelung profitieren sollen vor allem die Polizeireviere vor Ort. Die Bereitschaftspolizisten der 90er Jahre sollen in die Schwerpunktprogramme zur aktiven Verbrechensbekämpfung eingebunden werden. Kurth nannte die von der Frankfurter Polizei gebildeten Spezialeinheiten „AG Greif“ und „AG City“ als Beispiele für die zukünftigen langfristigen Einsatzmöglichkeiten von Bereitschaftspolizisten.
Im Einsatz an den Brennpunkten könnten die jungen Polizisten auch in Sachen Psychologie und Kommunikation mehr lernen als in der Polizeikaserne, meinte Kurth. Und deshalb wollen sich die Sozialdemokraten auch für ein Ende der generellen Kasernierung von Bereitschaftspolizisten einsetzen.
Kurth: „Künftig soll den Auszubildenden lediglich das Angebot kostenkünstigen Wohnens in den Kasernen gemacht werden.“ Zusammen mit einer Reform der Polizeiausbildung, mit der verstärkt Anwärter mit Fachhochschulzugangsberechtigung für den gehobenen Polizeidienst gewonnen werden sollen, will die hessische SPD dafür sorgen, daß Hessen „der Motor“ für bundesweit notwendige Reformen bei der Polizei bleibe. Daß im seinerzeit noch reinschwarzen Baden-Württemberg Polizeibeamte in Massen auf die Straße gegangen seien, um für die Einführung der rot-grünen hessischen Regelungen einer zweigeteilten Polizeilaufbahn zu demonstrieren, habe man in Wiesbaden mit Genugtuung registriert, sagte Kurth.
Die Grünen im hessischen Landtag begrüßten die mit dem Innenministerium abgestimmten Reformvorschläge der Sozialdemokraten. kpk
