„Ambrosia“ mundtot gesungen

■ Diskussion über „Gewalt von Frauen/Lesben“ ging in fröhlichem Gesang unter

Laut war es am Mittwoch abend im „Konsul-Hackfeld-Haus“ des CVJM in der Birkenstraße, mal friedlich und mal aggressiv. Eine Podiumsdiskussion war es nicht — eher ein großes Fest mit einigen finsteren Blicken. „Gewalt von Frauen/Lesben“ sollte das Thema sein, eingeladen hatten der esoterische Verein „Ambrosia“ und Anne Gesine Roggendorf-van Beeck. Doch diese kam gar nicht erst zu Wort: Rund 100 Frauen (einige Männer waren auch da!) sangen sie zwei Stunden lang mundtot.

Angefangen hatte der Konflikt mit einem Streit um den ersten Vorsitzenden des Ambrosia-Vereins, dem Frauen- und Lesbensgruppen an der Uni „sexuelle Gewalt“ gegen Untermieterinnen vorgeworfen hatten (vgl. taz vom 27.3.).

Gesine Roggendorf hatte den Vorwurf zum Anlaß genommen, sich ganz allgemein mit Lesbengruppen anzulegen. Zusammen mit zehn ihrer AnhängerInnen vom Verein „Ambrosia“ — die angekündigten Politiker waren nicht gekommen — wollte sie am Mittwoch abend die staatliche Förderung von Lesben- und Frauenprojekten infrage stellen. „Die lesbische Lebensform, die den Mann und die Familie ausklammert, widerspricht natürlichen Strukturen und kann kaum ein Beispiel positiver Gesellschaftsarbeit für die Allgemeinheit sein“, formulierte Roggendorf in der Einladung.

Einhundert Frauen wollten eine Diskussion über derartige „Thesen“ nicht ungestört lassen. Sie hatten Trillerpfeifen und Liedtexte mitgebracht, sangen, klatschten, pfiffen und ließen die VeranstalterInnen auf dem Podium gar nicht erst zu Wort kommen. Der große Clubraum des CVJM verwandelte sich in eine laute, fröhlich Demo für Lesbenpower und Frauenrechte.

Auf die Melodie von Wir sind des Geyers schwarze Haufen sangen sie: „Jetzt voran, drauf und dran, Frauen hau'n zurück und greifen an...“ und im Sprechgesang ironisch: „Wir fressen kleine Kinder, am liebsten kleine Knaben, die Väter bringen wir um, die Frauen wollen wir haben.“

Gesine Roggendorf blieb trotz des ohrenbetäubenden Protestes gelassen vorn am Tisch sitzen. Die protestierenden Frauen seien der „lebende Beweis“ für ihre Ansicht, fand sie: Liebesentzug und frühkindliche Probleme führten nun mal zu gewalttätigen Ausbrüchen.

Die protestierenden Frauen verlasen eine Presseerklärung, in der sie sich „gegen Glorifizierung von Mutterschaft, sexuelle Ausbeutung und Zwangsheterosexualität“ aussprachen. Nach zwei Stunden gaben die Freunde des Ambrosia-Vereins schließlich auf und verließen den Saal. Sie wurden von ihren GegnerInnen noch musikalisch bis zum Taxi begleitet.

Katharina Müller / Loretta Ihme