SPD-Groschen vor der Bürgerschaft

■ Stadtwerke-Spenden: Grüne und FDP verhindern SPD-Abstimmungsniederlage

Als Kabarettist versuchte sich gestern in der Bürgerschaft CDU- Mann Ralf Bortscheller. Mit einem Telefonhörer in der Hand simulierte er einen Dialog zwischen dem Stadtwerkeaufsichtsratsvorsitzenden Klaus und seinem Genossen Vorstandsvorsitzenden Günther. „Was soll der Sch...?“ fragt Klaus den Günter. Worauf der gleich eine Klarstellung abgibt und beteuert, daß Wedemeier erst im letzten Dezember von den Spenden an die SPD erfahren habe.

Stimmung war gestern mal wieder in der Bürgerschaft, ging es doch um das beliebte Thema: die SPD und der Genossenfilz. Für zusätzlichen Unterhaltungswert hatten die Stadtwerke mit diversen sich widersprechenden Pressemitteilungen gesorgt, in denen der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wedemeier mal immer informiert war, mal erst im Dezember und dann auch nicht so ganz. Wedemeier konnte die Widersprüche gestern nicht aufklären. Er hatte das Glück mit der Ministerpräsidentenkonferenz in Bonn eine passable Ausrede für seine Abwesenheit vorweisen zu können.

So verpaßte er den Abgeordneten Bortscheller, der sich fragte, ob die Stadtwerke außer dem Kohlepfennig auch einen SPD- Groschen oder gar einen Klaus- Taler in die Bilanz einstellen. „Nicht immer, aber immer öfter“, rief jemand dazwischen.

In Zukunft aber nicht mehr. Nachdem Stadtwerke-Direktor Günther Czichon inzwischen Fehler eingeräumt hat und die Spendenpraxis einstellen will, ging auch die SPD-Fraktion in sich. „Wir akzeptieren die Kritik voll“, meinte der Abgeordnete Manfred Fluß. Die Spende sei zwar legal gewesen, aber: „Es war nicht zu rechtfertigen, daß nur eine Partei berücksichtigt wurde.“ Der CDU warf Fluß „Heuchelei“ vor. Denn ausweislich des Rechenschaftsberichtes von 1990 erhielt die CDU 218.000 Mark Spenden, während die SPD nur mit 168.000 Mark bedient wurde. Von einer Rückzahlung der Stadtwerke-Spenden hielt Fluß gar nichts: „Wenn die CDU die illegalen Spenden hätte zurückzahlen müssen, wäre sie auf einen Schlag pleite gewesen“, erinnerte Fluß an die Bonner Parteispendenaffäre.

Legal waren die Spenden auch für die Grünen. „Aber es ist leicht, legal zu sein, wenn man sich die Gesetze selber schafft“, meinte der Grüne Walter Ruffler, der bedauerte, daß der Vorstand der SPD kein klares Wort zur Rückzahlung der Spenden gesagt habe. Für die Grünen verlangte Ruffler, daß alle öffentlichen Unternehmen ihre Spendenpraxis veröffentlichen sollten, daß der Schaden wiedergutgemacht und über „personelle Konsequenzen“ nachgedacht werde.

Die „hochgradig peinlichen Erklärungsversuche“ der Stadtwerke kritisierte auch FDP-Fraktionschef Heinrich Welke. Stadtwerkeaufsichtsrat Welke hatte in einem Brief an die Stadtwerke Auskunft über Spenden auch an Gewerkschaften oder Stiftungen erbeten und lediglich die Antwort erhalten, die Stadtwerke seien nicht auskunftspflichtig. „Damit werden sie hoffentlich nicht durchkommen“, meinte Welke.

Für den Senat mußte Henning Scherf die Kohlen aus dem Spendenfeuer holen. „Derartige Spenden von öffentlichen Unternehmen halten wir für falsch“, kam die späte Reue. Einen vergleichbaren Fall bei anderen öffentlichen Unternehmen, so Scherf, gebe es aber nicht.

Bei der Abstimmung über einen CDU-Antrag, mit dem die SPD aufgefordert wurde, die Spenden zurückzuzahlen, hatten Teile von Grüne und FDP ein Einsehen mit dem Koalitionspartner. 31 Parlamentarier stimmten für den CDU-Antrag, 29 dagegen, vier Grüne und acht FDP'ler, enthielten sich und retten so die SPD vor einer Abstimmungsniederlage. Dennoch waren einige in der SPD über das Abstimmungsverhalten der Grünen sauer. Der SPD-Landesvorsitzende, Horst Isola, der sich an der Debatte nicht beteiligt hatte, sprach von einem „unfreundlichen Akt“ des Koalitionspartners. hbk