Verwaltungsgericht untersagte Reinigung

■ Chemische Betriebe sind „störende Gewerbebetriebe“ / Firma geht in Berufung

Daß chemische Reinigung etwa im Parterre großer Wohnhäuser liegen, widerspricht geltendem Recht. Das jedenfalls ist die Auffassung des Bremer Verwaltungsgerichts. In dem bundesweit ersten Urteil dieser Art hat das Gericht festgestellt, „daß chemische Reinigungen in ihrer typischen Betriebsform zu Immissionen führen, die mit einer Wohnnutzung angrenzender Gebäude nicht vereinbar sind und auch die Lagerung von Lebensmitteln dort nicht zulassen.“

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage eines Reinigungsunternehmens abgewiesen, das in einem ehemaligen „Tante-Emma- Laden“ eine chemische Reinigung einrichten wollte. Die Umwidmung das Ladens war vom Bremer Bauordnungsamt abgewiesen worden, sachlich begründet mit Untersuchungen das Ge

sundheitsamtes aus den Jahren 1988 bis 1990. Damals hatten Beauftragte des Gesundheitsamts die Belastung der Raumluft mit Dämpfen des Reinigungsmittels Perchlorethylen gemessen - nicht in den Räumen von Reinigungsbetrieben, sondern in benachbarten Wohnungen. In 80 Prozent der Fälle war der Grenzwert von 0,1 Milligramm pro Kubikmeter Luft (Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz, gültig ab Januar 1993) überschritten. Daraufhin haben viele Betriebe ihre Anlagen technisch verbessert.

Nachuntersuchungen des Gesundheitsamts ergaben jedoch keine nennenswerte Entlastung der Luft in der Nachbarschaft. „Perchloretylen dringt eben durch die kleinste Ritze“, sagte die Fachreferentin des Bremer Gewerbeaufsichtsamtes.

Percholretylen (PER) ist neben den ozonvernichtenden Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) das am weitesten verbreitete chemische Reinigungsmittel. „Es steht in Verdacht, krebserregend zu sein“, so die Auskunft des Gesundheitsamtes. Es verbindet sich sehr leicht mit Fetten und dringt deshalb sofort in fetthaltige Lebensmittel ein. Dewegen hat das Verwaltungsgericht die beantragte chemische Reinigung als „störenden Gewerbebetrieb“ eingestuft.

Das Unternehmen hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Ob das Urteil Bestand haben wird, muß also das Oberverwaltungsgericht entscheiden. Auch von Klagen gegen bestehende Reinigungen in Wohnhäusern wurde bisher nichts bekannt. Michael Weisfeld