Schalcks Mann in Bochum verurteilt

Drei Jahre Haft für KoKo-Statthalter wegen illegaler Finanzpraktiken/ Ermittlungen ausgeweitet  ■ Aus Bochum Thomas Scheuer

Zu drei Jahren Freiheitsstrafe hat das Amtsgericht Bochum am Donnerstag den Geschäftsführer der früheren SED-Westfirma Noha, Heinz Altenhoff, wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Die Bochumer Noha gehörte zu DDR-Zeiten über die Liechtensteiner Briefkastenfirma Refinco zum Firmennetz des SED-Goldfingers Alexander Schalck-Golodkowski. Das Bochumer Strafverfahren deckte exemplarisch die illegalen Finanztricks der Schalck-Mafia im innerdeutschen Handel auf. Die deftige Verurteilung des Noha-Chefs Altenhoff wirft die Frage auf, wann die Justiz dessen Boß Schalck-Golodkowski belangt.

Zuständig für die SED-Firmen im Westen war in Schalcks Schattenreich „Kommerzielle Koordinierung“ (KoKo) Waltraud Lisowski. Die enge Schalck-Vertraute schleuste auch die Gewinne der Noha zwecks Verschleierung der Besitzverhältnisse über mehrere westeuropäische Banken jeweils auf das Konto 584 bei der Deutschen Handelsbank in Ost-Berlin, den sogenannten „disponiblen Parteifonds“ der SED. Daneben mußte die Noha wie jede Westfirma Provisionen an die Ostberliner Vertreterfirma Simpex abdrücken. Die stand ebenfalls unter SED-Kontrolle. Als die Noha in den 80er Jahren enorme Gewinnsteigerungen verzeichnete, drohte ein unerfreulicher Nebeneffekt: Mit den Gewinnen wuchsen auch die Ansprüche des bundesdeutschen Fiskus. Ein simpler Trick half: Die Provisionen an Simpex wurden kräftig erhöht, um den steuerpflichtigen Gewinn der Noha zu schmälern. Ein klarer Fall von verdeckter Gewinnabschöpfung vor der Versteuerung. Denn nach der Wende beschlagnahmte KoKo-Akten beweisen, daß die Noha/Simpex-Hintermänner die Provisionen quasi an sich selbst bezahlten: Sowohl die Gewinnabführungen als auch die Provisionszahlungen landeten auf demselben Ostberliner Konto 584 und somit in der SED-Parteikasse. Für seinen Part durfte sich Noha-Vorsteher Altenhoff in Ost-Berlin jährliche Sonderprämien von mehreren zehntausend Mark abholen — ebenfalls unversteuert. Nach den Bochumer Gerichtsunterlagen handelte es sich bei derlei Machenschaften „um eine grundsätzliche Regelung für die KoKo-Firmen in der BRD“. Noch im Wende-Jahr 1989 drückten die KoKo-Drahtzieher etwa den steuerpflichtigen Gewinn ihrer Firma Intema in Essen durch Scheinprovisionen von rund 17 auf 5,5 Millionen DM. Gegen weitere ehemalige KoKo-Statthalter in den alten Bundesländern wird ermittelt.

Das Bochumer Urteil ist für die juristische Aufarbeitung der KoKo- Umtriebe wegweisend, da die Tatvorwürfe, die Schalcks Mann in Bochum vor den Kadi brachten, analog auch dessen Hinterleute in der Ostberliner Zentrale treffen. Am 3.Januar dieses Jahres wurde Schalcks Managerin Waltraud Lisowski von Bochumer Staatsanwälten im Fall Altenhoff vernommen, zunächst als Zeugin. Während der laufenden Vernehmung, laut Gerichtsakten exakt um 14.08 Uhr, eröffneten die Vernehmer ein Ermittlungsverfahren gegen Frau Lisowski wegen des Anfangsverdachts auf Steuerhinterziehung. So mutierte die KoKo-Dame von der Zeugin zur Beschuldigten. Die Ankläger protokollierten, die Schummeleien seien „im Zusammenwirken“ von Altenhoff, Lisowski und Schalck-Golodkowski gedeichselt worden. Bleibt die Frage: Wann ist KoKo-Pate Schalck-Golodkowski reif für den Kadi?