Gewerbeaufsicht: Beide Augen zu

■ Molan-Komplex: Gegen Gift am Arbeitsplatz Gasmasken verordnet

Das Grundstück, auf dem die Chemiefirma Molan noch bis Juni 1991 Schaumstoffe produziert hat, gehört noch immer dem Unternehmen. Ein Ankaufbeschluß der Bürgerschaft ist nie vollzogen worden. Dies erklärte gestern der Staatsrat im Wirtschaftsressort, Frank Haller. Wie die taz am 9.5. ausführlich berichtet hatte, lagern auf dem Grundstück in der Sebaldsbrücker Heerstraße noch tonnenweise giftige Chemikalien. Die Produktion, so war zwischen der Wirtschaftsförderungs- Gesellschaft und Molan vereinbart worden, sollte eigentlich bereits 1987 aus der restlos veralteten Betriebsstätte in Sebaldsbrück zum neuen Betriebsgrundstück am Panrepel in Mahndorf verlegt werden. Das für diese Verlegung notwendige Verfahren war allerdings von Molan nie ernsthaft betrieben worden. Unterlagen wurden nach und nach und nur bruchstückhaft bei der Gewerbeaufsicht eingereicht.

Bereits im Januar 1986 hatte der Abgeordnete Ralf Fücks in der Bürgerschaft gefragt, „wie lange das alte Molan-Werk Sebaldsbrück weiter betrieben werden kann“ und wie der Senat gewährleisten wolle, daß dort die Luftreinhaltungsvorschriften eingehalten werden. „Die Firma beabsichtigt, die Anlagen nach Mahndorf zu verlegen. Soweit das in vertretbarer Zeit nicht erfolgt, wird das Gewerbeaufsichtsamt prüfen, ob die in der neuen TA Luft festgelegten Anforderungen an Altanlagen eingehalten werden. Vom Ergebnis dieser Prüfung wird es abhängen, welche Maßnahmen angeordnet werden“, heißt es in der Antwort des Arbeitssenators.

Vertretbar waren die unglaublichen Zustände in dem Werk für die Gewerbeaufsicht noch bis 1991. Erst letztes Jahr wurde Firmenchef Dittrich die Auflage gemacht, die Anlage auf den neuesten technischen Stand zu bringen. Daraufhin legte Dittrich den Betrieb still. Dem Vernehmen nach wird der Schaumstoff zur Weiterverarbeitung jetzt in der ehemaligen DDR gekauft.

„Die Werte lagen oft oberhalb der zulässigen Grenzen“, gibt der Chef der Gewerbeaufsicht, Alexander Horn, zu. Deshalb habe sein Amt Molan „relativ oft“ geprüft. Man sei „bemüht“ gewesen, den Unternehmer zu drängen, diese Anlage umzusiedeln. Horn: „Wir haben bis zuletzt gehofft, daß Molan umzieht.“

Die Arbeiter, die an der Blockschaumanlage tätig waren, waren offenbar stark erhöhten Schadstoffkonzentrationen ausgesetzt. Nachdem die Gewerbeaufsicht dies festgestellt hatte, wurde verfügt, daß die Arbeiter während des Betriebs der Anlage Gasmasken tragen müssen. „Weil die Anlage nur stundenweise in Betrieb war, konnte man dies ausnahmsweise zulassen“, so Horn. Gegen die Lagerung von tonnenweise Chemikalien auf rissigem Beton in einer löchrigen Halle hat Horn nichts einzuwenden. Dies entspreche der Gefahrstoff-Verordnung.

Über den Grad der Verseuchung des Grundstücks lassen sich nur Mutmaßungen anstellen. Der beim Umweltsenator für Altlasten zuständige Adolf Pösel hatte den Betrieb bislang nicht auf seiner Liste. Der Grund: Das Kataster umfaßt nur Produktionsstätten, die bis 1970 betrieben worden sind. Pösel: „Da die Gewerbeaufsicht nach 1970 streng kontrolliert, kann da seitdem eigentlich keine Altlast mehr entstanden sein. Ich muß ja annehmen, daß die Gewerbeaufsicht ihre Aufgabe ordentlich macht.“

Als die Bürgerschaft 1985 den Verkauf des Mahndorfer Grundstück an Molan zu einem subventionierten Preis billigte, ging sie offensichtlich von falschen Voraussetzungen aus. Damals erklärte der SPD-Abgeordnete Arno Weinkauf, daß die Firma in Bremen 310 Arbeitsplätze zusammenfassen werde. Tatsächlich arbeiten in Mahndorf heute rund 110 Beschäftigte.

Auch wenn die Molan-Altlast in Sebaldsbrück noch immer dem Konzern gehört, hat sich Bremen in eine schwierige Situation manövriert. Die Gewoba, die in Hemelingen an einem neuen Verkehrskonzept für den Stadtteil arbeitet, bestätigte gestern, daß ein Teil des Grundstücks für den Bau des dringend erforderlichen Tunnels benötigt wird. hbk