Polizei räumt Blumen des Bezirksamts

■ In Marzahn beseitigte die Polizei von Anwohnern und Bezirksamt aufgestellte Verkehrsberuhigungsmaßnahmen/ Polizei: »Gefahr für den Straßenverkehr«/ Diskussion nächste Woche

Marzahn. Der Versuch, eine unbürokratische, bürgerfreundliche Politik gegen die allmächtige Bürokratie durchzusetzen, ist oftmals zum Scheitern verurteilt. Diese schmerzhafte Erfahrung zahlloser Bürgerinitiativen wurde am Dienstag auch Marzahns Baustadträtin Ursel Liekweg (SPD) zuteil. In den Abendstunden beschlagnahmte die Polizei in der Köthener Straße in Marzahn-West mehrere Blumenkübel und Pfähle aus den Beständen des Bezirksamts. Nur wenige Stunden zuvor hatten Anwohner damit Parkplätze abgesperrt, um Fußgängern einen schnellen und sicheren Weg durch die Wohnblöcke zu ermöglichen. Die »Bürgeraktion« war von der Baustadträtin unterstützt worden.

Polizeisprecher Mielitz begründete die Räumung der bezirkseigenen Blumen damit, daß Kübel und Pfähle »ohne Absprache mit dem zuständigen Referat Straßenverkehr aufgestellt« worden seien. Die Beamten hätten zwei Pflanzenbehälter als »Gefahr für den Straßenverkehr« von der Fahrbahn auf den Fußweg rücken müssen.

Während der Abteilungsleiter des Marzahner Tiefbauamts, Klaus Breithaupt, gelassen reagierte und darüber spekulierte, ob die Kübel »vielleicht nicht ordnungsgemäß aufgebaut« worden sind, war Baustadträtin Liekweg »einigermaßen von den Socken«. Ihrer Meinung nach müsse die Polizei von der Bürgeraktion gewußt haben. Liekweg kritisierte, daß die Beamten »nicht einmal versucht« hätten, sie vor dem Einsatz zu ereichen: »Es wäre schön, wenn die Polizei auch so schnell wäre, wenn man sie braucht.«

Neben der Baustadträtin beharren vor allem Anwohnerinitiativen darauf, daß Pfähle und Blumen wieder an ihren alten Platz kommen. Rainer Mischke vom Sozialpädagischen Institut erinnerte daran, daß die Verkehrsberuhigungsmaßnahmen auf Bürgerversammlungen und bei Mieterbefragungen mehrfach gefordert worden seien. An der Aktion am Dienstag hätten sich dreißig Anwohner, darunter auch Skinheads, beteiligt. Ohne Kübel und Pfähle müsse man wieder »kreuz und quer« laufen und komme »kaum über die Straße«, schimpfte die in Marzahn-West engagierte Architektin Silvia Carpaneto. Insbesondere für Kinder sei das Überqueren der ungesicherten Wege »gefährlich«.

Für Carpaneto hat die Bürgeraktion dennoch gezeigt, daß Wohnumfeldverbesserung »ohne jahrelange Gutachten und Kosten in Millionenhöhe möglich« ist. Rainer Mischke hofft sogar, daß mit der mißglückten Aktion »endlich Bewegung in die gesamte Diskussion zur Gestaltung der Plattenbautensiedlungen« kommt. Doch die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Bislang willigte die Polizei lediglich ein, in der nächsten Woche mit Anwohnern und Baustadträtin über die Zukunft der geräumten Blumen und Pfähle zu diskutieren. Micha Schulze