Just: SPD wäscht sich in Unschuld

Gustav Just von allen Ämtern zurückgetreten/ CDU wirft der SPD Vertuschungstaktik vor/ Justizminister Bräutigam lehnt Rücktrittsforderung ab: Manfred Stolpe sei korrekt informiert worden  ■ Aus Potsdam B. Markmeyer

Der SPD-Abgeordnete Gustav Just hat am Dienstag nach massiver öffentlicher Kritik sein Mandat und sein Ehrenamt als Alterspräsident des brandenburgischen Landtags sowie sein Mandat im Bernauer Kreistag niedergelegt. Bereits am Montag hatte Just seinen Vorsitz im Verfassungsausschuß aufgegeben. Just war nach eigenem Eingeständnis als Soldat im Zweiten Weltkrieg an der Erschießung von sechs Juden in der Ukraine beteiligt.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Birthler sagte gestern in Potsdam, die Fraktion hätte Just auch ohne dessen Rücktrittsangebot nahegelegt, alle seine Ämter aufzugeben. Demgegenüber erklärte Just, sowohl im SPD-Landesvorstand als auch in der Fraktion hätten verschiedene Parteikollegen ihn bewegen wollen, keine weiteren politischen Konsequenzen aus den Vorwürfen zu ziehen. Unterschiedliche Aussagen gab es darüber, inwieweit die SPD über Justs Vergangenheit informiert war. Birthler sagte der taz, er habe bereits im Oktober letzten Jahres erste Hinweise auf Verfehlungen von Just während des Zweiten Weltkriegs gehabt, aber nichts Konkretes gewußt. Die meisten SPD-Mitglieder erfuhren erst am Wochenende aus den Medien von Justs Beteiligung an den Erschießungen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Michael Diestel forderte unterdessen den parteilosen brandenburgischen Justizminister Hans Otto Bräutigam auf zurückzutreten, da dieser bereits im Dezember 1990 über die Vorwürfe gegen Just informiert worden war. Bräutigam war von der ermittelnden Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder gebeten worden zu prüfen, ob Justs Immunität als Abgeordneter aufgehoben werden müßte, um möglicherweise ein Verfahren wegen Beihilfe zum Mord einleiten zu können. Bräutigam erklärte gestern, daß er wegen Verjährung keinen Antrag auf Aufhebung der Immunität gestellt habe. Er wies die Rücktrittsforderung zurück, da er als Justizminister korrekt gehandelt habe. Er habe Ministerpräsident Manfred Stolpe sowohl über die Anfrage der Staatsanwaltschaft als auch über die Ergebnisse der juristischen Überprüfung im Frühjahr 1991 informiert. Er habe darauf verwiesen, daß es sich um Vorgänge aus dem Zweiten Weltkrieg handele, andere Einzelheiten seien in seinem Ministerium nicht bekannt gewesen.

Die CDU wirft Bräutigam vor, die Vorwürfe gegen Just vertuscht zu haben. Er hätte die Öffentlichkeit spätestens informieren müssen, als Just den Vorsitz im Verfassungsausschuß übernahm. Inzwischen ist ein heftiger Streit zwischen CDU und SPD über den weiteren Vorsitz im Verfassungausschuß entbrannt. Wolfgang Birthler reklamierte ihn für seine Fraktion, während die CDU erklärte, ihr stehe der Posten zu, da sie allein zugunsten Justs auf den Vorsitz verzichtet habe. Herr Just habe sich aber „durch seine Teilnahme an Judenmorden disqualifiziert“.