SHB/SPD

■ betr.: "Sozialistischer Hochschulbund liebäugelt mit SPD", taz vom 26.2.92

betr.: „Sozialistischer Hochschulbund liebäugelt mit SPD“,

taz vom 26.2.92

Michael Sontheimer von der Chefredaktion meint, daß die taz als „Kind der gegenüber dem Realsozialismus immer kritischen, undogmatischen Linken“ die Umbrüche im Osten mit Gedächtnis und Aufmerksamkeit beobachte. Ein ähnliches Umgehen mit den Ruinen des Realsozialismus würde ich mir auch im Westen wünschen. Der Artikel über die SHB leistet dies meiner Meinung nach aber in keiner Weise, Sozialdemokratie- Kritik — die meinetwegen auch polemisch sein darf — reicht als Selbstzweck nicht:

—Die Juso-Hochschulgruppen sind nicht, wie die taz-Autorin behauptet, 1972 in Folge der Trennung vom SHB durch die SPD gegründet worden. Die erste Juso-Hochschulgruppe gründete sich bereits 1969 in Gießen in Abgrenzung zum orthodox-marxistischen „Stamokap“- Kurs des SHB und dessen „prinzipieller Aktionseinheit“ mit der DKP- Studierendenorganisation MSB Spartakus.

—Die Mitarbeit der SHBlerInnen bei den Jusos ist nichts Neues, die meisten SHB-AktivistInnen waren schon immer Mitglied der SPD. Ihre Mitarbeitsmöglichkeiten waren von den jeweiligen Mehrheitsverhältnissen innerhalb des Juso-Gesamtverbandes abhängig. 1988 wurde mit Susi Möbbeck als Vertreterin der orthodox-marxistischen Fraktion ein SHB-Mitglied sogar zur Juso-Bundesvorsitzenden gewählt.

—Die Austrittswelle aus dem SHB 1989 lag nicht an der „klaren Verurteilung Chinas durch den Bundesausschuß des SHB“, sondern mehr daran, welche Forderungen des Bundesausschuß damals mehrheitlich ablehnte: die nach einem Rücktritt der chinesischen Regierung, die nach sofortiger Aufhebung des Ausnahmezustands, die nach Solidarität mit den chinesischen Studierenden etc. Kaum streitig ist, daß der SHB den Freiheits-, Bürger- und Gewerkschaftsrechten in sogenannten „sozialistischen“ Staaten einen nachgeordneten Stellenwert einräumte.

—Die Vorstellung, daß die Jusos ausgerechnet durch den SHB einen Gewinn an „theoriegeschulten Geistern“ verbuchen könnten, erscheint mir ziemlich abstrus. Sicherlich haben alle Linken in diesen Jahren mehr oder weniger Orientierungsprobleme. Daß ausgerechnet ein Verband, dessen theoretische Grundlage, die des „staatsmonopolitischen Kapitalismus“ aus dem Hause SED, völlig zusammengebrochen ist, dabei helfen könnte, erscheint mir ausgeschlossen. Da haben die undogmatisch-linken Juso- Hochschulgruppen, zwei Jahrzehnte lang als „antikommunistisch“ beschimpft, mehr zu bieten.

—Der SHB bestreitet, DDR-Gelder erhalten zu haben. Daß die Kasse des SHB ausgerechnet Anfang 1990, als auch eine Reihe anderer „linker“, SED-finanzierter Organisationen Pleite machten, Konkurs anmeldete, deutet zumindest auf eine indirekte DDR-Finanzierung. So wurde etwa das SHB-Magazin 'frontal‘ in der Neusser DKP-Druckerei produziert. Harald Schrapers, Moers

An der Uni Köln fand eine „Vereinigung“ von SHB und Juso-Hochschulgruppe schon im Juni 1990 statt — allerdings in völlig anderer Form und unter Voraussetzungen, die den in Eurem Artikel genannten Beispielen nicht entsprechen.

In Köln vertrat die Juso-Hochschulgruppe bis Juni 1990 Positionen, die sich kaum als sozialdemokratisch bezeichnen lassen, so etwa eindeutige Parteinahme für AusländerInnen, Schwule und Lesben, die Zusammenlegung der RAF-Gefangenen sowie gegen „Wieder“-Vereinigung, den Schauprozeß gegen Ingrid Strobl oder Volkszählung. Im Gegensatz dazu mutierte der SHB in rasender Schnelle unter Namensänderung zu einer brav sozialdemokratischen „Liste Linksdrall“ und forderte das Zusammengehen zu einer gemeinsamen Hochschulgruppe — wer sich entschieden weigerte, war die damalige Juso-Hochschulgruppe.

Am 18. Juni 1990 schließlich erschien ein Rudel „LinksdrallerInnen“ auf einer Versammlung der Juso-HSG und verkündete, bleiben zu wollen: klassisches Beispiel eines „unfriendly overtake“. Als Folge traten unter Protest fast alle früheren Mitglieder der Juso-HSG aus. Die neue, frisch gewendete Juso-HSG gab alsdann bald ein Beispiel ihrer Vorstellung von Politik: Als es nach der nächsten Wahl des StudentInnenparlamentes darum ging, in einem umfassenden Linksbündnis den amtierenden rechten AStA abzuwählen, schloß sie sich statt dessen mit den „Unabhängigen“ zusammen und bildete einen Mitte-Rechts-Minderheiten-AStA.

Inzwischen sind die „neuen Jusos“ wieder an einem linken AStA beteiligt: Diese Konstellation ermöglichte es ihnen, unter anderem den ersten Vorsitzenden zu stellen. Olaf Bartz, Köln