Zum Scheitern verurteilt?

■ Gespräch mit Sven Hölzel, Familientherapeut und Leiter der familientherapeutischen Beratungsstelle in Idstein/Taunus

taz: Wann spricht man von einer Dreiecksbeziehung?

Sven Hölzel: Man sollte Dreiecksbeziehungen vielleicht zuerst einmal von einem „Verhältnis“ unterscheiden. Wenn man so differenziert, ist ein Verhältnis eher eine kurzfristige Angelegenheit, die Dreiecksbeziehung dagegen ist meist von dauerhafterem Charakter.

Können Sie statistische Angaben machen?

Es gibt da keine eindeutigen Zahlen. Allein schon deshalb nicht, weil die meisten dieser Beziehungen heimlich gelebt werden. Anhand der Erfahrungen in unserer Beratungsstelle glaube ich, daß die Leichtfertigkeit, mit der man eine Beziehung riskiert, zugenommen hat und man Verhältnisse fast als normal ansieht. Auch die Bilder im Fernsehen sind eher so angelegt, daß sie es oft bagatellisieren, mal schnell aus einer Beziehung auszusteigen. Hier wirkt sicher auch das Konsumdenken unserer Gesellschaft.

Wo liegen Ihrer Meinung nach Ursachen für eine Dreiecksbeziehung?

Geht man von einer Zweierbeziehung aus, die auf Dauer angelegt ist, sind diese beiden Partner aus bestimmten Gründen zusammen und haben ganz spezifische Erwartungen in bezug auf ihre Beziehung, beispielsweise einander ganz zu genügen. Diese Beziehungsphantasie hat das Scheitern gleich eingebaut, da die Partner sich gegenseitig behindern, autonomer zu werden. Sie vernachlässigen Außenkontakte und stellen irgendwann fest, daß eine Beziehungsüberlastung eingetreten ist, weil der eine für den anderen gar nicht alles sein kann. Ein wichtiger Punkt ist also, unter welchen Voraussetzungen die Beziehung begonnen wurde und wie fähig beide Partner sind, die Beziehungsphantasie gemeinsam zu verändern. Ein anderer wichtiger Punkt ist, wenn ein Partner erlebt, daß ein für ihn bedeutender Wunsch nicht erfüllt wird und er keine Möglichkeit sieht, ihn in die Beziehung einzubringen.

Was gehört zu den psychischen Folgen einer Dreiecksbeziehung?

Mißtrauen ist lange Zeit Begleiter. Was zurückbleibt, hängt natürlich davon ab, wie der Konflikt verarbeitet wurde. Falls beide Partner zusammenbleiben, muß über Fehler geredet werden. Der „hintergangene“ Partner muß darüber reden können. Wenn das vermieden wird, schwelt es unter der Oberfläche weiter und kann jederzeit zum Ausbruch kommen.

Kann man als Paar aus Ihrer Sicht irgend etwas tun, damit es gar nicht zu Dreiecksbeziehungen kommt?

Man kann nur versuchen, die Beziehung stabil zu halten [das klingt nach knast, d. s-in]. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, sich gegenseitig wegen des persönlichen, unverwechselbaren Stils zu lieben [als aufgesetzte makulatur oder wie?, d. s-in]. Wird der Partner oder die Partnerin wegen der spezifischen Eigenschaften geliebt, ist er oder sie nicht mehr so einfach austauschbar. Das gibt eine gewisse Sicherheit, ist natürlich aber auch keine Garantie. Ich denke, das ist allerdings die tiefste Dimension, zu der Paare kommen können [keineswegs, d. s-in]. Fest steht für mich, daß in jedem die Idealvorstellung von der Fixiertheit auf einen Menschen steckt. Fast jeder möchte wissen, daß er für den Partner „die Nummer 1“ ist. Ob dieser Anspruch auch von einem selbst gelebt wird, ist etwas anderes. Alles haben wollen, ist immer interessant, verzichten fällt vielen schwer [die alternative stellt sich doch gar nicht, d. s-in]. Interview: Ellen Vest

Unter dem Motto „Ein flotter Dreier“ gibt's heute in „Doppelpunkt“ eine Live-Diskussion zum Thema Dreiecksbeziehungen, ZDF, 19.20 Uhr.