Die Ampel erfindet die Rotation

■ Bürgermeisteramt zwischen FDP und Grünen geteilt / FDP kritisiert Zuschnitte der SPD-Ressorts

Verändert die SPD in letzter Sekunde die Ressortzuschnitte und ihr Personal der Ampel? Nach den SPD-Unterbezirken haben gestern nachmittag auch die Ampelpartnerinnen ihre Bedenken gegen die Ressortzuschnitte deutlich gemacht. „Wir haben zum ersten Mal in der Koalitionsrunde die Vorschläge der SPD beraten,“ erinnerte FDP-Verhandlungsführer Claus Jäger daran, daß die SPD ihre Zusammenstellung der Ressorts bislang nur parteiintern diskutiert habe. Während die Personen alleinige Sache der SPD seien, müse über die Ressortzuschnitte gemeinsam geredet werden.

Insbesondere das neue Ressort Bildung, Wissenschaft und Justiz stößt auf die Bedenken der Koalitionspartner. Jäger: „Wir haben da ein Problem. Wenn wir letzten Donnerstag gewußt hätten, daß Justiz da landet, hätten wir das anders gemacht.“ „Wir haben der FDP nicht widersrochen. Dies ist kein glücklicher Zuschnitt“, meinte nach der gestrigen Sitzung auch die Grüne Helga Trüpel. Schließlich verabschiedete sich Bürgermeister Klaus Wedemeier zur SPD-Landesvorstandssitzung mit der sibyllinischen Formulierung: „Wir nehmen dies mit.“

Immerhin konnte gestern geklärt werden, wer künftig als Bürgermeister zweiter Mann hinter dem Präsidenten des Senats wird. Die FDP hatte sich im Vorfeld nicht mit der Grünen-Idee anfreunden können, dieses Amt den Grünen zur Verfügung zu stellen. Heraus kam nun eine Rotation. Die ersten zwei Jahre soll Claus Jäger als Scherf-Nachfolger amtieren. Dann dürfen die Grünen diesen Posten besetzen. „Die Grünen sind die größeren Optimisten“, kommentierte Jäger mit Blick auf das Risiko der Ampel. Personell haben sich die Grünen noch nicht festgelegt. Und so nimmt diese Lösung zunächst etwas den Druck von der künftigen Senatorin Helga Trüpel, die nun zwei Jahre beweisen kann, daß sie dem Amt gewachsen ist.

Derweil versuchte die CDU gestern noch einmal in der FDP Stimmung gegen die Ampel zu machen. „Noch bevor Herr Jäger Wirtschaftssenator ist, hat er der Bremer Wirtschaft schweren Schaden zugefügt“, urteilte Ulrich Nölle und meinte damit den Beschluß zum Niedervieland III. Diese Gebiet ist auf dem Flächennutzungsplan noch als Gewerbegebiet vorgesehen. Nach geltender Beschlußlage der Bürgerschaft soll dort aber der status quo erhalten bleiben, ein „landwirtschaftliches Gebiet mit besonderer Bedeutung.“

In den Verhandlungen wurde dies gestern auch von der FDP noch einmal bestätigt. Jäger: „Dort gibt es überhaupt keine Infrastruktur für Industrie und Gewerbe. Da sollen die Kühe weiden.“ Daß die CDU zu diesem Thema eine aktuelle Stunde beantragt hat, stört ihn nicht. „Die CDU will uns ärgern. Das ist ihr gutes Recht.“ Zum heutigen FDP-Landesparteitag meinte Jäger: „Die Ampel braucht Mut. Diesen Mut will ich der Partei vermitteln.“

Auch Helga Trüpel sieht der Landesmitgliederversammlung ihrer Partei mit Zuversicht entgegen. „Es wird heftige Kritik an einzelnen Punkten, an den Ressortzuschnitten und an den Personen geben. Aber ich gehe von einer Mehrheit aus.“ hbk