Vorsicht, Telefonterror

■ Wie man in Bremen zur SenatorIn werden kann

Wir stellen uns bitte einmal folgende Szene vor: Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Marlies Grotheer-Hünecke sitzt freitags mitten in der nacht vor ihrem Telefon und wartet. Zur gleichen Zeit bespricht Barbara Noack ihren Anrufbeantworter. „Lieber Klaus, ich bin schon ins Bett gegangen. Aber wenn Du mich fragen wollen solltest, ob ich Senatorin werden will, so sage ich: 'Ja, ich will.'“ Zur selben Zeit klingelt es tatsächlich und zwar bei Henning Scherf. Der ist sofort blitzewach und vernimmt die Frage:

Bitte die

Kari: Mann am Telefon

„Henning, wir haben 'ne Lösung, aber Du müßtest dann zu Schule und Uni auch noch Knast machen. Ist das in Ordnung?“ — „Wenn's Dir dient, ist das in Ordnung“, sagt der Lange und schläft weiter.

Doch die SPD-Damen warten vergeblich. Denn Wedemeier hatte das entscheidende Telefonat in Sachen Frauenquote bereits am Freitag nachmittag geführt. Da klingelte bei Irmgard Gaertner in Hessen das Telefon. Sinngemäß muß das Gespräch so abgelaufen sein: „Hier ist Klaus Wedemeier. Wir wollen heute abend über den künftigen Senat entscheiden. Ich würde mich freuen, wenn Sie als Senatorin für Soziales und Gesundheit in den Senat kommen würden. Aber dann müßten Sie jetzt schnell nach Bremen kommen und sich vorstellen.“ Die resolute Hessin zögerte nicht lange und macht sich auf den Weg. Und sagte gestern noch einmal ganz klar und deutlich zur taz: „Ich war darauf überhaupt nicht vorbereitet, geschweige denn, daß ich mich darauf eingestellt hatte.“ Dabei hatte Wedemeier noch am Tag nach der Entscheidung behauptet, er habe mit den möglichen KandidatInnen von außen schon wochenlang Kontakt gehabt.

Daß ein entscheidendes Kriterium für eine Karriere im Bremer Senat die kurzfristige telefonische Erreichbarkeit ist, hatte Wedemeier schon im November 1988 bei der legendären Cuxhavener Klausur bewiesen. Da hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Abgeordnete Wilfried Penner abgelehnt, Senator für Inneres und Bau zu werden. Um 3.00 Uhr nachts klingelte dann das Telefon bei einem, der bis dahin höchstens im Traum daran gedacht hatte, Senator zu werden. „Peter, willst Du nicht Innensenator werden.“ Und Peter wolte und wurde Senator Sakuth.

Was aber passiert, wenn Wedemeier wegen seiner unorthodoxen Personalpolitik dereinst auf eine einsame Insel vertrieben wird? Auf die Frage, was er denn mitnehmen würde, hatte er schon einmal eine Antwort parat: „Ein Telefon.“ hbk