Milde für Mißbraucher

■ Gießen: „Wildwasser“-Frauen protestieren gegen Bewährungsstrafe für mißbrauchenden Lehrer

Berlin (dpa/taz) — Weil die Strafe für einen Mädchenschänder zu milde ausgefallen ist, haben rund 100 Frauen in der Gießener Innenstadt öffentlich protestiert. Die Demonstration am vergangenen Samstag bezog sich auf ein Urteil, das das Landgericht Gießen einige Tage zuvor gegen einen 59jährigen Lehrer gefällt hatte: wegen fortgesetzten Mißbrauchs von zehn sechs- bis neunjährigen Schülerinnen hatte er eine zweijährige Freiheitsstrafe bekommen. Auf Bewährung allerdings, da ihm das Gericht eine problematische Biographie zugute hielt. Sprecherinnen der Gießener Gruppe „Wildwasser“, die die Demonstration organisiert hatten, forderten eine härtere Strafe für den Lehrer. Die Probleme seiner Opfer, die heute noch an den Folgen des über sechs Jahre zurückliegenden Mißbrauchs litten, seien bei dem Urteil nicht berücksichtigt worden. Sexueller Mißbrauch sei kein Kavaliersdelikt, hieß es auf der Kundgebung.

Weniger glimpflich davon kam der Rektor einer Haupt- und Realschule in Singen, der vor zwei Wochen ebenfalls wegen sexuellen Mißbrauchs von Schülerinnen verurteilt wurde. Das Landgericht Konstanz hatte es als erwiesen angesehen, daß der 43jährige Schulleiter seit August 1987 mit drei Mädchen zwischen 15 und 14 mehrfach Geschlechtsverkehr gehabt hatte. Urteil: zwei Jahre und zehn Monate Haft, sieben Monate mehr als die Staatsanwaltschaft beantragt hatte. Außerdem erhielt der Ex-Rektor zunächst ein dreijähriges Verbot, Mädchen unter 16 Jahren zu unterrichten. Ein Disziplinarverfahren der Schulbehörde, ein Berufsverbot und der Verlust des Beamtenstatus erwarten ihn noch. uhe