Neues altes AKW nach Bulgarien — Skandalreaktor in Kosloduj wird ersetzt

Sofia/Berlin (taz) — Die westlichen (Atom)-Energieexperten haben in Bulgarien offenbar ganze Überzeugungsarbeit geleistet. Das Land, das 1990 den Neubau eines Atomreaktors stoppte, will nach den mit EG- Geldern bezahlten westlichen Ratschlägen nun am Atomstandort Kosloduj ein neues AKW errichten. Das kündigte der stellvertretende Vorsitzende des Staatskomitees für Energie, Dimitar Nowakow, gestern in einem Zeitungsinterview an.

Der technische Kern des geplanten 1.000-Megawatt-(MW)-Kraftwerks soll aus einem schon bezahlten, in der Tschechoslowakei auf Halde liegenden Reaktorkessel bestehen. Ursprünglich sollte er in Belene, ebenfalls an der Donau, ans Netz gehen, wo ein neues Atomkraftwerk entstehen sollte. Nach heftigem Protest von Umweltschützern entschied das bulgarische Parlament 1990, das Projekt fallenzulassen.

Das neue AKW solle etwa im Jahr 2000 ans Netz angeschlossen werden, sagte Nowakow. Der Politiker geht davon aus, daß der große Reaktor vier marode 440-MW-Reaktoren in Kosloduj ersetzen kann. Deren sofortige Stillegung wegen gravierender Sicherheitsmängel hatte im Sommer sogar die atomfreundliche Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) gefordert. Bulgarien deckte 1990 ein Drittel seines Strombedarfs durch Kosloduj.

Erst am Sonntag abend hatte der französische Meeresforscher und Umweltschützer Jacques Yves Cousteau die Europäische Gemeinschaft zu Stromlieferungen an Bulgarien aufgefordert, damit das dringend überholungsbedürftige Atomkraftwerk Kosloduj an der Donau vorübergehend abgeschaltet werden kann. „Es besteht die Gefahr, daß es in Bulgarien zu einem zweiten Tschernobyl kommt, das noch mehr Schäden bei uns anrichten könnte“, sagte Cousteau in einem Rundfunkinterview. Am Samstag hatte die rumänische Nachrichtenagentur 'Rompress‘ erstmals gemeldet, in der Donau seien radioaktive Teilchen aus dem bulgarischen Atomkraftwerk Kosloduj gefunden worden. Der Staatssekretär im rumänischen Umweltministerium, Dolphi Drimer, kündigte an, sein Ministerium werde „konkrete Maßnahmen“ nach dem Fund in dem rumänisch- bulgarischen Grenzfluß ergreifen. Die „Atombombe im Zentrum Europas“ müsse stillgelegt werden. ten