Integrationsquote statt Abschreckungsquote

Der Vorschlag der östlichen Bundesländer, die Aufnahmequote von Asylsuchenden auf ihrem Gebiet für die Dauer eines Jahres auf die Hälfte zu senken, klingt vernünftig. Der größere Reichtum verpflichtet die westliche Bundesländer auch zu einer großzügigeren Gastfreundschaft.

Nur, warum sollte dieser „Rabatt“ nur ein Jahr lang gewährt werden? Es wäre konsequenter zu sagen, Asylsuchende sollen prinzipiell gemäß dem Pro-Kopf-Einkommen auf alle Bundesländer verteilt werden. Dementsprechend könnte man die Aufnahmequoten auch zwischen den westlichen Ländern genauso differenzieren, wie zwischen den östlichen.

Das macht aus zwei Gründen Sinn. Erstens gehen die die Kosten für die Aufnahme der Asylbewerber tatsächlich zu einem großen Teil zu Lasten der Kommunen: ihrem unterschiedlichen Finanzaufkommen soll Rechnung getragen werden. Zweitens hängen die Integrationsmöglichkeiten für die Ausländer entscheidend von der regionalen Wirtschaftskraft an.

Einwand der Bundesregierung: Wir wollen die Asylbewerber nicht auf dem Arbeitsmarkt vermitteln, sondern sie so schnell wie möglich abschieben. Die Aufnahmebedingungen müssen daher eine abschreckende Wirkung haben. Die massenweise Kasernierung in den entlegensten und ödesten Provinzen paßt dazu hervorragend.

Die Argumentation — unter diesen Prämissen — ist einwandfrei. Das müssen auch die fünf neuen Bundesländer einsehen. Wenn das einzige Ziel die Abschreckung der „Wirtschaftsasylanten“ bleibt, dann eignen sich die östlichen Länder dafür am besten. Man könnte sogar einen umgekehrten Verteilungsschlüssel vorschlagen: je ärmer ein Land, desto mehr Asylanten.

Aber auf längere Sicht muß auch die Betonfraktion, die meint, Deutschland sei „kein Einwanderungsland“ (wie ihre Betonbrüder in den anderen westeuropäischen Ländern), einsehen, daß der Migrationsproblematik nicht mit einer Verschärfung des Asylrechts beizukommen ist (mit oder ohne Grundgesetzänderung). Legal oder illegal, als „Scheinasylanten“ oder als einfache Schattenwirtschafter, die ungeliebten Gäste werden weiterhin kommen. Es ist an der Zeit, über eine Immigrationspolitik nachzudenken, nicht mit Abschreckungs-, sondern mit Integrationsquoten. Und das für ganz Westeuropa. Guido Ambrosino