Skinhead-Parteitag mit Schönhuber

■ „Glatzköpfe“ werteten die „Großkundgebung“ der Reps in Neubrandenburg auf

Jeder Italiener könne in Deutschland eine Eisdiele, jeder Grieche ein Restaurant eröffnen. „Aber wir sind nicht das Sozialamt der Mittelmeerländer“, ruft Franz Schönhuber, Vorsitzender der „Republikaner“, in die Stadthalle Neubrandenburgs. Nur eine Woche nach den Überfällen auf Ausländer im sächsischen Hoyerswerda bekommt er dafür hier in Mecklenburg frenetischen Beifall. Ein Drittel der rund 400 Zuhörer bei der „Großkundgebung“ der „Republikaner“ am Samstag nachmittag in Neubrandenburg waren Skinheads. Zu dem vorangegangenen Landesparteitag hatten sich zuvor kaum 20 Teilnehmer eingefunden. Schönhuber malt die angeblichen Schrecken der „Asylanten-Flut“ aus. „Unsere Frauen und Töchter müssen wieder unbehelligt auf die Straße gehen können“, fordert er. Außerdem, so vermutet er, hätten viele Afrikaner Aids. Dann warnt der braungebrannte Parteivorsitzende vor Gewalt, um politische Ziele durchzusetzen. Seine jugendlichen, kahlköpfigen Fans, viele mit bleichen, alkoholisierten Gesichtern, springen auf und applaudieren.

Am Abend präsentiert die Polizei den Journalisten neun Baseballschläger, drei Schlagstöcke, fünf Messer und eine Pistole. Die Einsatzkräfte hatten die Waffen den Skinheads am Nachmittag abgenommen, als sie in Gruppen durch die Neubrandenburger Innenstadt zogen und „Ausländer raus“ skandierten. Am Bahnhof hatten einige von ihnen zwei Vietnamesen verprügelt. Man könne nicht von den kurzen Haaren auf die politische Gesinnung schließen, sagt Schönhuber später in der Stadthalle. Anstatt sich von seinen „Fans“ zu distanzieren, hatte er sich extra dafür eingesetzt, die Skinheads in den Saal zu lassen. Sonst wären die Stuhlreihen auch nicht voll geworden.

Überfälle in Mecklenburg

Die „Großkundgebung“ der „Republikaner“ bedeutete Großeinsatz für die Polizei. Im Vorfeld hatte die lokale Presse mit über 6.000 Rechtsradikalen gerechnet. Da wollte sich die Polizei keine Blöße geben. Rund 300 Mann wurden aus dem ganzen Bundesland zusammengezogen, der gerade ausgelieferte neue Wasserwerfer rollte noch mit rotem Nummernschild in die Stadt. Tagsüber hatten die Skins keine Chance zu randalieren. Wo sie auftauchten, begleitete sie sofort ein Trupp Polizisten mit gezückten Schlagstöcken. Nach dem Zwischenfall am Bahnhof wurden 51 „Glatzen“ vorübergehend in Gewahrsam genommen. 28 von ihnen verbrachten „ihren“ Parteitag, wie sie den Schönhuber-Auftritt nannten, im Keller der Polizeidirektion.

In der Nacht zogen die „Glatzen“, von Streifenwagen begleitet, wieder aus der Stadt ab. Manfred Dachner, Chef der Neubrandenburger Polizei, war zufrieden. „Wir haben bewiesen, daß die Polizei die Lage im Griff hatte.“ Doch die Ordnungsmacht kann nicht allgegenwärtig sein. Während die mecklenburg-vorpommersche Polizei in Neubrandenburg die Skinheads in Schach hielt, wurden in der Nacht zum Sonntag in Greifswald und in der Nähe Stralsunds wieder ein Heim für Asylsuchende überfallen und Autos demoliert. afp