Vom Nachttisch geräumt: Widerstand

Als am 10. 11. 1938 SA-Leute in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin Feuer legten, da wurden sie vom Polizeioffizier Wilhelm Krützfeld verjagt. Heinz Knobloch hat die Geschichte dieses außergewöhnlichen Beamten geschrieben. Sie zeigt, daß Widerstand möglich war, daß Kadavergehorsam nicht die einzig mögliche (Über-)Lebensform im Dritten Reich war. Die Erzählung vom beherzten Reviervorsteher Krützfeld ist auch eine Warnung vor Pauschalurteilen. Wer glaubt, sich mit ein paar Allgemeinheiten über Machtapparat, bürgerlichen Staat und Polizei genaues Hingucken ersparen zu können, der kann hier lernen, zu welchen Fehlurteilen das führt. Krützfeld nutzte seine Stellung, um verfolgten Juden zu helfen. Er tat das, weil er es für seine selbstverständliche Aufgabe hielt, nicht weil er glaubte, es im Rahmen eines Parteiprogrammes, einer bestimmten Politik tun zu müssen. Es gehörte Mut dazu. Aber Mut haben auch die gehabt, die sich für die Nazis an allen Fronten dieser Welt in Gefahr begaben. Es gehörten vor allem ein eigener Kopf und ein eigenes Herz dazu. Ein klein wenig lernt man davon, wenn man das Buch liest. Wenigstens für die Zeit, da man es liest. Drei Stunden ein besserer Mensch. Das ist viel. Und vielleicht schämt man sich dann wenigstens, wenn man bei der nächsten Gemeinheit, deren Zeuge man wird, wieder einmal den Mund hält.

Heinz Knobloch: Der beherzte Reviervorsteher · Ungewöhnliche Zivilcourage am Hackeschen Markt . Morgenbuch-Verlag, 179 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 26,80 DM