Vom Nachttisch geräumt: Wilde Tiere

Frans de Waal hat jahrelang Affen beobachtet. Nicht in freier Wildbahn, sondern in den Zoos von Arnheim und Wisconsin. Ihn interessiert, wie unsere nächsten Verwandten Frieden schließen. Seine Forschungsergebnisse hat er in einem populär geschriebenen Buch zusammengefaßt. „Wilde Diplomaten“ ist eines der schönsten Bücher dieses Jahres. Es bricht mit dem Vorurteil vom prinzipiell friedfertigen Charakter der Affengesellschaften. De Waal berichtet von Kriegen und Klassenkämpfen, von Blutbädern und Vergewaltigungen. Wichtiger aber noch: Er hat beobachtet und festgehalten, was nach diesen Explosionen der Gewalt passiert. Er hat die Gesten der Versöhnung, des Ausgleichs und der Diplomatie protokolliert. Sein Buch ist eine faszinierende Schilderung der friedensstiftenden Rolle der Sexualität bei den Bonobos, echten Kamasutra-Primaten, oder der feinabgestuften Hierarchie der Rhesusaffen. Wer de Waals Buch liest, dem vergeht der menschliche Hochmut, er verliert freilich auch die Hoffnung auf ein natürliches, vormenschliches Paradies. De Waal macht klar: Es gibt keinen ewigen Frieden, es gibt nur immer wieder scheiternde, immer wieder auch glückende Versuche zur Entspannung.

Frans de Waal: Wilde Diplomaten · Versöhnung und Entspannungspolitik bei Affen und Menschen . Übersetzt von Ellen Vogel, Carl Hanser-Verlag, 295 Seiten, zahlreiche s/w-Abbildungen, 45 DM