Kongreßpartei klarer Wahlsieger in Nepal

Katmandu (taz) — Bei den Parlamentswahlen in Nepal hat die Kongreßpartei einen eindeutigen Sieg davongetragen. Am Donnerstag, elf Tage nach der Wahl, wurde der letzte von 205 Sitzen im neuen Repräsentantenhaus für den traditionsreichen Kongreß ausgezählt. Die Sozialdemokratische Partei verfügt damit über 110 Sitze, während die Vereinten Marxisten-Leninisten der Kommunistischen Partei mit 69 Mandaten eine starke Opposition bilden.

Am Nachmittag trafen sich die neuen Abgeordneten der Kongreß- Fraktion und nominierten einstimmig ihren Generalsekretär Girija Prasad Koirala als Ministerpräsidenten der ersten aus freien Wahlen hervorgegangenen Regierung seit der Revolution im Hindu-Königreich vor gut einem Jahr.

Koirala kündigte an, nächste Woche ein Rumpfkabinett von acht bis zehn Ministern zu bilden. Nach der Verfassung Nepals wird er zunächst von König Birendra Bir Bikram Shah ernannt. Das Parlament wird erst in einem Monat zusammentreten und muß ihn dann im Amt bestätigen.

Koirala repräsentiert wie kein anderer die Regierungstradition der nepalesischen Kongreßpartei. Sein ältester Bruder, Matrika Prasad, war von König Tribhuvan, dem Großvater Birendras, 1951, nach dem Sturz des feudalen Rana-Regimes, als Regierungschef eingesetzt worden.

Der zweitälteste Koirala-Bruder, Bishweswar Prasad, kam nach den für Jahrzehnte einzigen freien Parlamentswahlen von 1959 mit einem Erdrutschsieg der Kongreßpartei an die Macht, verschwand aber nach einem Putsch von König Mahendra, Birendras Vater, in der Opposition. Mit dem 66jährigen Koirala wird nun der jüngste der drei Brüder die Familientradition fortsetzen.

Koirala ist aber auch einer der umstrittensten Politiker in der jungen Demokratie Nepals. Bei den insgesamt friedlich verlaufenen Wahlen vom 12. Mai gewann er seine beiden persönlichen Wahlkreise teils unter mysteriösen Umständen. So wurde einer seiner Neffen mit zwei Freunden von aufgebrachten Wählern überwältigt, als sie, mit Pistolen und mehreren Magazinen Munition bewaffnet, ein Wahllokal stürmen wollten.

Selbst Parteifreunde halten Koirala für einen ausgesprochenen Machtpolitiker, der sich wahrscheinlich besser mit dem Königshaus als mit dem Parlament stellen werde. Zudem gilt er als Hardliner gegenüber den Kommunisten, die — verschiedene Splittergruppen zusammengenommen — über 80 Mandate im Parlament verfügen. Ihre Unterstützung braucht Koirala spätestens dann, wenn neue Handels- und Transitabkommen mit Indien, deren Auslaufen vor zwei Jahren Nepal in eine Wirtschaftskrise gestürzt und damit den Boden für den Aufstand gegen das parteilose Panchayat-Regime bereitet hatte, abgeschlossen werden müssen.

Allerdings hat Nepals neue Regierung in dieser Frage durch den Mord an Indiens Kongreßführer Rajiv Gandhi, der Indiens Wirtschaftsblockade gegenüber Nepal zu verantworten hatte, noch etwas Aufschub erhalten. Tom Trekker