SPD-Spitze will Streit um UNO-Einsatz vermeiden

Keine Einigung zwischen Brandt, Vogel und Lafontaine um die Frage einer Änderung des Grundgesetzes für UNO-Einsätze  ■ Aus Bonn Tina Stadlmayer

Der SPD-Ehrenvorsitzende Willy Brandt, der Noch-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel und der künftige SPD-Chef Björn Engholm haben in den vergangenen Tagen versucht, für den Parteitag kommende Woche in Bremen einen Kompromiß über die Beteiligung deutscher Soldaten an UNO-Missionen zu finden: Ohne Erfolg. Engholm ist zwar dafür, daß die Bundeswehr bei den nichtmilitärischen Blauhelm-Aktionen mitmacht. Dabei läßt er jedoch nach wie vor offen, ob er eine Grundgesetzänderung für nötig hält. Diese Frage sei „zweitrangig“, wiederholte er gestern. Brandt ist eindeutig für eine Grundgesetzänderung: er will auch die Beteiligung an militärischen Aktionen. Sein Widersacher in dieser Frage ist Oskar Lafontaine. Um bei nichtmilitärischen Blauhelm- Missionen mitmachen zu können, brauche man das Grundgesetz nicht ändern, sagt der Saarländer. Brandt, Engholm und Vogel wollen diesen Streit auf dem Parteitag am liebsten gar nicht erst hochkommen lassen. Sie haben deshalb einen Initiativantrag „zur Reform der Vereinten Nationen“ vorgelegt. Zur Beteiligung deutscher Soldaten an UNO- Aktionen steht darin kein Wort.

In dem Antrag heißt es, die Zeit sei jetzt reif „für eine deutsche Mitwirkung an einer europäischen Initiative zur Reform der Vereinten Nationen“. Die gemeinsame Sicherheit werde „nicht nur durch Massenvernichtungswaffen“ gefährdert, sondern auch durch „globale Umweltzerstörung, exzessiven Energie- und Rohstoffverbrauch, Überbevölkerung und eine ungerechte Weltwirtschaftsordnung“. Die UNO müsse in die Lage versetzt werden, „die Ursachen von Konflikten frühzeitiger zu erkennen und zu bekämpfen“. Regionale Sicherheitssysteme sollten auch in anderen Teilen der Welt aufgebaut werden. Und: „Die Kompetenzen und Instrumente der Vereinten Nationen zur Konfliktvermeidung und Konfliktregelung müssen erweitert werden.“ Eine Konsequenz aus dem Golfkrieg: „Erst nachdem alle friedlichen Mittel der Konfliktregelung und auch Sanktionsmaßnahmen ausgeschöpft wurden, dürfen unter der Verantwortung und unter der Leitung der Vereinten Nationen militärische Maßnamen angewandt werden.“ Im einzelnen fordern Brandt, Vogel und Engholm: Die Erweiterung des Mandats und der Zusammensetzung des Sicherheitsrates, die satzungsgemäße Verankerung des Einsatzes von Blauhelmen, mehr Befugnisse für den Generalsekretär und UNO-Umwelt- und Sozialfonds. Die ursprünglich vorgesehene Einschränkung des Vetorechtes im Sicherheitsrat haben sie wieder gestrichen. Der Parteitag wird diesen Vorschlägen sicher zustimmen. Streit über die Grundgesetzänderung wird es trotzdem geben.