Berlin schiebt ab

■ Protest gegen Kurden-Abschiebung in die Türkei

Berlin (taz) — Am 11. April hatten die Berliner Abgeordneten einstimmig beschlossen: „Angesichts des unendlichen Leides betrachten wir als Selbstverständlichkeit, daß heute in Deutschland lebende gefährdete Kurden nicht in das Krisengebiet zurückgeschickt werden“. Am 3. Mai beschlossen die Innenminister und Senatoren der Länder, vor dem 1. Oktober 1991 keine Kurden in die Türkei abzuschieben. Doch für die Berliner Innenverwaltung war das Selbstverständliche nicht selbstverständlich. Einen Tag nach dem Beschluß der Innenminster wurde der Kurde Haci Ekigi zwangsweise in die Türkei verfrachtet, am 11.Mai folgte der Kurde Bayram Demir. Eine bedauerliche Panne, rechtfertigte sich der Senat anschließend. Aber die Pannen haben Methode. Wenn der Berliner Innensenator Heckelmann sich jetzt nicht an die von ihm mitgetragenen Beschlüsse erinnert, dann wird heute ein weiterer Kurde in die Türkei abgeschoben. Der junge Mann sitzt bereits in Abschiebehaft. Die Pressestelle des Innensenats versprach über Tage hinweg eine Erklärung, gestern verwies sie an die Ausländerbehörde. Und die schweigt.

Nicht geschwiegen haben die Fraktion Bündnis 90/Grüne im Berliner Abgeornetenhaus, der Arbeitskreis „Asyl in der Kirche“, die Internationale Liga für Menschenrechte und amnesty international. Sie fordern eine Aussetzung der Abschiebung. Der Anwalt des Kurden, Dirk Siegfried, wies darauf hin, daß sein Mandant doppelt gefährdet sei. Als ehemaliges PKK- Mitglied drohe ihm eine Haftstrafe, von der Organisation selbst sei ein Fememord zu befürchten. aku