Die Waffen ruhen in Angola

■ Die marxistische Regierung Angolas hat mit der Rebellenbewegung Unita einen Waffenstillstand vereinbart. 1992 sollen erstmals freie Wahlen in dem vom Krieg zerrissenen Land stattfinden.

Die Waffen ruhen in Angola Die marxistische Regierung Angolas hat mit der Rebellenbewegung Unita einen Waffenstillstand vereinbart. 1992 sollen erstmals freie Wahlen in dem vom Krieg zerrissenen Land stattfinden.

Vertreter der Regierung Angolas und der bewaffneten Oppositionsbewegung „Unita“ haben in der Nacht zum Donnerstag im portugiesischen Estoril ein Abkommen unterzeichnet, das den 16 Jahre andauernden Krieg in dem südwestafrikanischen Land beenden soll. Die 1.500 Seiten starke Vereinbarung ist das Ergebnis fast einjähriger Verhandlungen.

Die beiden Konfliktparteien werden der portugiesischen Verhandlungsführung bis zum 15. Mai mitteilen, ob sie dem Abkommen zustimmen. Wie es heißt, ist dies nur eine Formsache. Am 15. Mai sollen dann in Angola die Waffen schweigen. Offiziell tritt der Waffenstillstand mit der für Ende Mai vorgesehenen Ratifizierung und Unterzeichnung des Abkommens durch Angolas Präsident Dos Santos und Unita-Führer Jonas Savimbi in Kraft. Wie aus Verhandlungskreisen verlautet, soll der Waffenstillstand von einer „Gemeinsamen Politisch-Militärischen Kommission“ überwacht werden, der Vertreter der Konfliktparteien, UNO-Beobachter, Vertreter Portugals, der USA und der UdSSR angehören sollen. Zwischen September und November 1992 sollen dann erstmals demokratische Wahlen stattfinden. Ferner sieht das Abkommen vor, daß die bisherige Regierungsarmee und die Unita-Einheiten zu gleichen Teilen in eine neue einheitliche Armee mit einer Sollstärke von 40.000 Mann integriert werden.

In den Straßen der angolanischen Hauptstadt Luanda fanden am Mittwoch riesige Freudenkundgebungen statt. Der Waffenstillstand wird einen Krieg beenden, der seit 1975 300.000 Menschenleben unter der zehn Millionen Menschen starken Bevölkerung gefordert hat und ein völlig verwüstetes Land hinterläßt — das zudem seit vier Jahren von Dürre geplagt wird. Der Bürgerkrieg zwischen der noch bis vor kurzem marxistisch-leninistischen Regierung der „Volksbewegung für die Befreiung Angolas“ (MPLA) und der rechtsgerichteten „Union für die vollständige Unabhängigkeit Angolas“ (Unita) geht auf Spaltungen zwischen den einst gemeinsam gegen die portugiesische Kolonialherrschaft kämpfenden Bewegungen zurück. Bereits vor der Unabhängigkeit im Jahre 1975 kämpften MPLA-Einheiten mit kubanischer Unterstützung gegen die mit der Unita verbündete „Nationale Befreiungsfront Angolas“ (FNLA); auf der Seite der letzteren befanden sich europäische und US-amerikanische Söldner. Kurz vor dem vereinbarten Unabhängigkeitstermin, dem 11. November 1975, marschierte Südafrika in Angola ein, um eine Machtübernahme durch die MPLA zu verhindern. Kubanische Truppen verhinderten später die Einnahme Luandas durch Südafrika. Die MPLA rief in Luanda am 11. November die „Volksrepublik Angola“ aus; Unita und FNLA proklamierten daraufhin in Huambo eine eigene angolanische Republik.

Kubanische Truppen bis Juli 1991 abgezogen

Mit Unterstützung südafrikanischer und kubanischer Truppen kämpften Unita und MPLA in den folgenden Jahren weiter um die Macht. Nachdem die Kubaner 1988 Südafrika bei Cuito Cuanavale im Süden Angolas eine entscheidende Niederlage beigebracht hatten, einigten sich die beiden Staaten und die USA — mittlerweile Hauptwaffenlieferant der Unita — auf eine friedliche Lösung des Konflikts. In der Folge zogen die südafrikanischen Truppen ab; die letzten kubanischen Soldaten werden zum 1. Juli 1991 Angola verlassen haben. Erste von Zaire vermittelte Direktkontakte zwischen MPLA und Unita scheiterten im Sommer 1989. Doch seit dem Mai 1990, als die MPLA in Mavinga eine „Endoffensive“ gegen die Unita einleitete und 1.000 Soldaten sowie 400 Panzerfahrzeuge auf dem Schlachtfeld zurücklassen mußte, hat es keine größeren Kämpfe mehr gegeben. Statt dessen begannen im Sommer 1990 erneute Direktverhandlungen. Seitdem sich die Außenminister der USA und der UdSSR im Dezember 1990 auf ein gemeinsames Vorgehen einigten, kamen die Gespräche zügig voran.

Die Sowjetunion, Verbündeter der MPLA, hat im Zuge ihrer inneren Schwierigkeiten ihre hegemonialen Ambitionen in Afrika fallengelassen. Und die USA, die der Unita für das Jahr 1991 eine Militärhilfe in Höhe von 100 Mio. Dollar bewilligt hatte, haben keinen Grund mehr, diesen Krieg weiterführen zu lassen — sie haben ihre wesentlichen Ziele erreicht: Die kubanischen Soldaten ziehen ab, und die MPLA erkennt das Mehrparteiensystem an.

Auch Südafrika ist nun eher an Geschäften mit der Regierung in Luanda als an ihrer Destabilisierung interessiert — obwohl die Regierung de Klerk nach wie vor Savimbi unterstützt und angesichts des Waffentransfers zwischen Pretoria und dem angolanischen Busch beide Augen zudrückt. Im Diamantenbereich kooperieren jetzt beide Regierungen miteinander, und Pretoria überlegt sich, angolanisches Öl zu importieren. D.Johnson/F. Misser