Viel Feind, viel Ehr

■ Daimler und HDW bangen um ihre Rüstungsexporte nach Südkorea

Offenbar reicht das Gesülze um die Kontrolle von Rüstungsexporten dem Daimler-Konzern jetzt. Ordentlich hat Karl J. Dersch in Südkorea ob des Bundespräsidenten Anweisung geschäumt, das „Tornado“-Modell von der Industriemesse Technogerma zu entfernen. Das Flugzeug habe im Golfkrieg Zehntausende von Menschenleben gerettet, so der Manager der Daimler- Tochter Dasa, und gegen den Verkauf von 50 solcher Kampfflugzeuge an die Regierung in Seoul sei nichts einzuwenden, weil dort die USA die Freiheit der Menschen garantiere.

Der geneigteste Dersch-Freund würde dem Manager noch zugutehalten, jener wisse vielleicht einfach nicht, wie der Geheimdienst KCIA dort die Oppositionellen terrorisiert, wie viele politische Gefangene es dort gibt, mit welchen Methoden die Polizei dort für Ruhe und Ordnung auf den Straßen sorgt. Den Tornado als Lebensretter zu bezeichnen, ist allerdings kaum mehr als in psychiatrischen Kategorien zu würdigen. Dennoch haben Derschs Äußerungen einen geschäftlichen Hintergrund: Er wollte dem Bundespräsidenten und der Regierung in Bonn, die in dieser Frage hinter Weizsäcker steht, schlichtweg eins reinsemmeln. Der Präsident hatte schließlich für engere Kontakte zwischen den beiden Koreas plädiert, während ein Abbau auch dieser Nord-Süd-Spannungen dem Daimler-Konzern schlichtweg nicht ins Konzept paßt.

Möglich ist es, daß Manager Dersch jetzt ebenso bei vollem Gehalt eine Weile aus dem Verkehr gezogen wird, wie sein Kollege Rathjens von HDW, der, mit den Südafrika-Geschäften der Großwerft belastet, dem Verkauf von sechs U-Booten an Südkorea im Weg steht. Was im Fall Rathjens schon ein überaus durchsichtiges Manöver ist, könnte im Fall Dersch ein solches werden.

Das Hübsche dabei: Daimler wie HDW, aber auch andere Industrieunternehmen müssen es im Streit nun mit einem Wirtschaftsminister Möllemann aufnehmen. Der hat sich zwar in der Vergangenheit selbst für Rüstungsexporte in den Nahen Osten eingesetzt. Und noch im Januar, das wollen wir nicht vergessen, standen im Hafen von Bremen Militär-Lkw's für Pakistan bereit, während in Bonn die Genehmigung für die Lieferung von Panzerabwehrraketen an Indien erteilt wurde. Zugleich aber läßt Möllemann keine Gelegenheit aus, mit der öffentlichkeitswirksamen Einschränkung von Rüstungsexporten sein Mäntelchen in den rechten Wind zu hängen. Anders als bei seinem Vorgänger Haussmann, der dem Daimler-Konzern die Fusion mit dem Tornado-Bauer MBB überhaupt erst erlaubte, ist mit einem Zurückschrecken Möllemanns vor Daimler, HDW & Co. kaum zu rechnen. Entwickeln sich aus diesen Geschäften zwei Skandale, will Möllemann nicht, daß sie seinen Namen tragen. Auch wenn er, ganz wie seine Kontrahenten von der Rüstungsindustrie, nach dem Motto lebt: „Viel Feind, viel Ehr“. Dietmar Bartz