Konjunktur für Bankräuber

■ 1990 insgesamt 46 Banküberfälle im Land Brandenburg

Brandenburg. Um eine Bank oder Sparkasse nach dem Überfall vor die Kamera zu bekommen, braucht man in Brandenburg nicht mehr aufwendig recherchieren. Man folge einfach dem Blaulicht einer Polizeiwanne, und schon ist das noch frische Entsetzen in den Augen der Bankangestellten auf Zelluloid. Diese Erfahrung eines Teams des Deutschen Fernsehfunks ist nicht unbedingt verallgemeinbar, doch offenherzig gibt Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel preis, daß die Bankräuber im vergangenen Jahr Konjunktur hatten. Erbeuteten 1990 die Täter bei insgesamt 46 Überfällen auf Banken im Land Brandenburg fast 2,1 Millionen Mark, so haben sie allein im Januar des neuen Jahres schon 17mal zugeschlagen — bevorzugt in Kleinstädten, wo die sicherheitstechnische Ausstattung der Geldinstitute noch miserabler ist als in ostdeutschen Großstädten. Das Personal in seiner Unerfahrenheit ist der Professionalität der meist maskierten und bewaffneten Täter — in fast allen Fällen gibt es Hinweise auf Verbindungen in die Altbundesländer — in keiner Weise gewachsen. Wenige Spuren und unzulängliche Personenbeschreibungen — die Polizei hat kaum Anhaltspunkte für die Ermittlung. Nur in zwei Fällen konnten die Täter gefaßt werden. Andere schwere Straftaten — unter anderem 40 vorsätzliche Tötungen und Raubüberfälle — konnten zu über 80 Prozent aufgeklärt werden. Doch bei allen Arten von Straftaten — 1990 waren das in Brandenburg insgesamt etwa 60.000 — gibt die Statistik einen gewaltigen Ausschlag nach oben an. Registriert werden dabei, anders als vor der Wende, auch Verfehlungen wie Fahrraddiebstähle. Berücksichtigt man diese Veränderungen, ergibt sich eine Steigerungsrate gegenüber 1989 von 15 Prozent. Den Löwenanteil (61 Prozent) machen Diebstahl und Unterschlagung aus, gefolgt von Körperverletzungen. Ein schwacher Trost ist, daß der sexuelle Mißbrauch von Kindern und Vergewaltigungen um rund 20 bis 30 Prozent abgenommen haben. Betroffen zeigte sich Innenminister Ziel von den gewalttätigen Anschlägen auf Mahnwachen und Demonstranten gegen den Golfkrieg. Zwei Potsdamer jugendliche Skins wurden in Untersuchungshaft genommen. Sie sind dringend verdächtig, den Studenten Kai Zeller Ende Januar übel zusammengeschlagen zu haben. Beunruhigend seien auch die Anschläge auf Asylbewerber in Eisenhüttenstadt. Irina Grabowski